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Referat Volksdemokratien - Alltag und Politik in der Sowjetunion bis Gorbatschow, Aufstände im Ostblock, Demokratisierung

geschichte referate

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Volksdemokratien

Alltag und Politik in der Sowjetunion bis Gorbatschow

Die Menschen in der SU atmeten auf, als der 'große Diktator' Stalin im März 1953 starb. Zunächst erhielt die UdSSR eine kollektive Führung, bis 1958 nach internen Machtkämpfen Nikita Chruschtschow das Amt des Partei- und Regierungschefs auf sich vereinen konnte. Der neue 'starke Mann' hatte bereits 1956 die Phase der 'Entstalinisierung' eingeleitet, als er auf dem XX. Parteitag der KPdSU in einer sensationellen, nicht offiziell veröffentlichten 'Geheimrede' mit dem Stalinismus scharf abrechnete:

'Ungeheuerlich sind die Taten, die auf Veranlassung Stalins begangen wurden und schwere Verstöße gegen die leninistischen Grundsätze des Sowjetstaates darstellen. Wir meinen die Massendeportationen ganzer Völkerschaften. Diese Deportationen waren durch keinerlei militärische Überlegungen diktiertGenossen! Der Persönlichkeitskult nahm deswegen so ungeheuerliche Formen an, weil Stalin selbst mit allen denkbaren Methoden die Verherrlichung seiner Person unterstützte. Eines der bezeichnendsten Beispiel für Stalins Selbstverherrlichung und für seinen Mangel an elementarster Bescheidenheit ist die Herausgabe seiner 'kurzen Biographie', die 1948 erschien. Dieses Buch ist Ausdruck der hemmungslosesten Beweihräucherung, ein Beispiel dafür, wie man einen Menschen zum Götzen macht, wie man ihn in einen unfehlbaren Weisen verwandelt. - In den größten Führer, in den hervorragendsten Strategen aller Zeiten und Völker. Genossen! Damit sich die in der Vergangenheit begannenen Irrtümer nicht wiederholen, hat sich das Zentralkomitee energisch gegen jeden Persönlichkeitskult ausgesprochen.'

Zahlreiche Opfer Stalins wurden in den folgenden Jahren und Jahrzehnten rehabilitiert. Dem 'Tauwetter' im Inneren entsprach außenpolitisch eine Lockerung des 'Kalten Krieges'. Als Chruschtschow in der Kuba-Krise zurückstecken musste, mit China in Konflikt geriet und Niederlagen in der Wirtschaftspolitik erlitt, wurde er 1964 seiner Amter enthoben. Unter seinen Nachfolgern Leonid Breschnew (Parteichef) und Alexej Kossygin (Regierungschef) wurden viel Reformen der Entstalinisierungsperiode rückgängig gemacht.

'In die 28-jährige Herrschaftszeit (1964 - 1982) von Leonid Breschnew fällt eine beispiellose Aufrüstung der Roten Armee. Am augenfälligsten zeigt sich dies an der früher unbedeutenden sowejetischen Flotte: Sie wuchs auf das DreifacheDie Rote Flotte ist unangefochten die größte der Weltmeere. Ahnlich sah die Aufrüstung beim Landheer und bei den Luftstreitkräften aus. Der Mannschaftsbestand wuchs in der Ara Breschnews von 2,4 auf 3,5 Millionen. Die Anzahl der Mittelstreckenraketen der Sowjetunion stieg von etwa 700 bei Breschnews Machtübernahme auf heute 950, die der Interkontinental-Raketen von damals 200 auf jetzt 1400. Dass die SU mehr Panzer als die NATO-Länder besitzt, gab Leonid Breschnew am letzten Parteitag sogar öffentlich zu. Aber er wiederholte damals auch einen Satz, den er während seiner ganzen Regierungszeit sagte: 'Wir strebten und streben keine militärische Überlegenheit über die andere Seite an.' Doch die Zahlen sprechen dafür, dass auch Breschnew nicht frei war von dem alten russischen Unterlegenheitskomplex, dessen Rechnung lautet: 'Gleich stark sind wir nur, wenn wir mehr haben.''

Im Inneren sicherte Breschnew die uneingeschränkte Macht des Parteiapparates, außenpolitisch nutzte er die Schwäche der USA nach der Niederlage in Vietnam und nach Watergate und ließ Kubaner in Angola und Athiopien auf Seiten der marxistischen Gruppen kämpfen. Unter direktem sowjetischen Einfluss standen in den Siebziger- und Achtzigerjahren auch Mosambique und Südjemen.

Die KPdSU bemühte sich um Geschlossenheit der kommunistischen Weltbewegung und darum, ihren Führungsanspruch zu behaupten. Anfang der Sechzigerjahre kam es zum ideologischen Bruch zwischen Moskau und Peking. Die chinesischen Kommunisten warfen der UdSSR vor, vom Kommunismus abzuweichen und kapitalistische Formen zuzulassen. 1968 ereigneten sich im sowjetisch-chinesischen Grenzgebiet blutige Zusammenstöße. Erst in den Achtzigerjahren näherten sich Moskau und Peking wieder an.

Zeitweise versuchten auch die westeuropäischen kommunistischen Parteien, z.B. die KP Italiens und Frankreichs, sich vom Moskauer Vorbild zu lösen ('Eurokommunismus').

Verhängnisvoll für die Sowjetunion wirkte sich ihre Intervention in Afghanistan aus. Nach dem Sturz der Monarchie und einem Militärputsch übernahm 1978 die kommunistische 'Volksdemokratische Partei Afghanistans' die Regierung. Sie schloss mit der UdSSR einen Freundschaft- und Beistandspakt. Als sich der Staats- und Parteiführer Amin von Moskau lösen wollte, besetzten sowjetische Truppen Ende 1979 Kabul und andere Städte. Ein blutiger Bürgerkrieg begann. Die religiös und national motivierten Mudschahedin führten einen zähen Widerstand gegen die sowjetischen Besatzer. Sie kontrollierten das unzugängliche Bergland gegen Pakistan, woher sie auch Nachschub erhielten. Erst Gorbatschow ließ 1988 die sowjetischen Truppen aus Afghanistan abziehen. Die afghanischen Freiheitskämpfer leisteten der weiterhin im Amt verbliebenen kommunistischen Regierung zähen Widerstand. Aber auch innerhalb der Widerstandskämpfer kam es zu kriegersichen Auseinandersetzungen unter rivalisierenden Gruppen. Die 'Demokratische Volkspartei' ruft zum Sturz des kommunistischen Regimes auf.

Die wirtschaftliche Entwicklung bedeutete für die sowjetische Staatsführung das größte Problem.

Die sowjetische Wirtschaft war gekennzeichnet vom Mangel an privater Initiative und Misswirtschaft. Gründe dafür waren das kommunistische Wirtschaftssystem, das kein Privateigentum an   Produktionsmittel (Grund und Boden, Maschinen, Fabriken) zuließ, und die bürokratische Planwirtschaft. Die sowjetische Führung versuchte, mit Fünfjahresplänen die Wirtschaft zentral zu steuern und gleichzeitig den Betrieben mehr Verantwortung zu übertragen, ein Reformziel, an dem alle Sowjetregierungen gescheitert waren.

Aus dem Parteiprogramm der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, 1961:

'Es soll im ersten Jahrzehnt, also von 1961 -1970, die SU die USA in der Produktion pro Kopf der Bevölkerung überflügeln. Alle Werktätigen sollen ein  gutes Auskommen haben, komfortable Wohnungen erhalten, die Kollektivwirtschaften und Staatsgüter sollen sich in hoch produktive Betriebe mit hohen Einkünften verwandeln; die schwere körperliche Arbeit soll verschwinden, und die SU soll das Land mit dem kürzesten Arbeitstag der Welt werden. Im darauffolgenden Jahrzehnt von 1970 - 1980 soll der Gesamtbevölkerung ein Überfluss an materiellen und kulturellen Gütern zur Verfügung stehen, damit soll der Übergang zum Prinzip der Verteilung nach den Bedürfnissen verwirklicht werden und die kommunistische Gesellschaft im Wesentlichen aufgebaut sein. Bis 1980 sollen die Unterschiede zwischen Stadt und Land überwunden sein, die Kolchosdörfer werden sich in Ortschaften städtischen Typus verwandeln, sodass allmählich zwischen den Lebensverhältnissen der Dorfbevölkerung und der Sadtbevölkerung kein Unterschied mehr besteht. Die sozialen Unterschiede sollen dadurch verringert werden, dass zwischen den hohen und niedrigen Einkommen ein Mittelwert gefunden wird.'

Leonid Breschnew in einer Rede 1966:

'Aus mehreren Gründen konnten wir einige wichtige Siebenjahresplanauflagen nicht erfüllen. Vor allem gilt das für die Landwirtschaft, deren Produktion nur um 14% gestiegen istNicht ganz erfüllt sind die Auflagen für die Produktion einzelner Arten von chemischen Produkten, Kohle, Maschinen und Ausrüstungen sowie einiger Konsumgüter. In einer Reihe von Industriezweigen wurden nicht alle neuen Betriebe termingerecht in Dienst genommen. Viele von den erbauten Betrieben haben die in den Projekten vorgesehene Kapazität nicht erreicht. Alls das hatte zur Folge, dass das Nationaleinkommen langsamer wuchs als im Siebenjahresplan vorgesehen war.'

Die 'klassenlose Gesellschaft' der SU wies in Wahrheit beträchtliche gesellschaftliche Unterschiede und Ungleichheiten auf. Besonders benachteiligt waren die Millionen Kolchosbauern und ihren Angehörigen, die auf dem Lande schlechter versorgt waren als die Städter und denen weniger schulische und kulturelle Angebote offenstanden. 1972 sprachen sowjetische Quellen von rund 60% Arbeitern, 20% Angestellten und 20% Kolchosbauern.

In der UdSSR existierte allerdings auch eine Oberschicht, sie wurde auf 2-3% der Gesamtbevölkerung  geschätzt:

'Parteispitzen, Regierungsmitglieder, bedeutende Künstler, Schriftsteller und Wissenschaftler haben eigene Geschäfte, wo jederzeit alles zu haben ist. Sie haben eigene Villen (Datschas), eigens für sie reservierte Kliniken, Spitäler, Arzte, Ferienorte. Sie erhalten - eigens aus dem Westen für sie eingeführt - moderne Medikamente. Gemessen am Los eines Durchschnittsbürgers - gar nicht zu reden von den armen Schichten, die in der SU keineswegs fehlen - , ist die Privilegierung der Höchstgestellten wesentlich größer als die Vorteile, die in westeuropäischen Industrieländern ein Millionär sich den Arbeitern gegenüber erkaufen kann. Die meisten Sowjetbürger verdienen weniger als 100 Rubel im Monat, der Minimallohn beträgt 60, der Durchschittslohn der Arbeiter und Angestellten 120 Rubel. Daneben gibt es Leute, die Tausende von Rubel im Monat verdienen, hauptsächlich Künstler, Wissenschaftler und andere der Parteispitze wichtige und dienliche Leute.'

Der Schulbesuch in der SU war kostenlos. Alle Schüler besuchten bis zu ihrem 16. Lebensjahr 4 Jahre Grundschule und 6 Jahre eine Mittelschule (die aber nicht unserer AHS entspricht). Wer eine Universität besuchen wollte, musste noch 2-3 Jahre lang Mathematik, Philosophie, Latein und eine Fremdsprache an einer voruniversitären Ausbildungsstätte belegen und anschließend eine Art Matura ablegen. Bei der Zulassung zum Universitätsstudium wurden Schüler, die bei kommunistischen Jugendverbänden mitgearbeitet haben, bevorzugt. Der sowjetische Staat versuchte, beginnend im Kindergartenalter, alle Menschen mit Hilfe von kommunistischen Organisationen zu erfassen und zum 'sozialistischen Menschen ' zu erziehen. Wer sich zu einer Religion bekannte, hatte mit Benachteiligungen und teilweise Verfolgungen zu rechnen.

Über die sowjetischen Jugendlichen in den Siebzigerjahren schrieb ein westliche Beobachter:

'Der Hunger nach westlicher Musik nach dem ganzen Drum und Dran der Pop-Kultur beweist einen neuen Trend, der die heutige junge Generation in Russland, zumindest die Jugend der Mittelschicht und des Establishments, von der Generation ihrer Väter trennt: Anders als die jungen Amerikaner, die aus der Gesellschaft ausscheren und verächtlich auf den elterlichen Überfluss verzichten, sehnt sich die sowjetische Jugend geradezu nach Überfluss und einem angenehmen LebenDie Jugend antwortet, die Russen hätten lange genug darauf gewartet das Leben genießen zu können, und sie sähen nicht ein, warum sie es genauso schwer haben sollten wie ihre Eltern. Ein Regierungsdolmetscher sagte: 'Wir stehen wohl an dem Punkt, an dem ihr Amerikaner in den Fünfzigerjahren gestanden habt.' Sie wollen bessere Kleidung, wollen ein Auto, wollen ein angenehmes Leben.'

Anders als die westlichen Demokratien erkannte der sowjetische Staat keine naturrechtlichen Grundrechte und Grundfreiheiten des Bürgers an. Zwar beinhaltet die Verfassung Rede-, Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit, aber

'Die Wahrnehmung der rechte und Freiheit durch die Bürger darf den Interessen der Gesellschaft und des Staates sowie den Rechten anderer Bürger keinen Schaden zufügen.'

Oppositionelle wurden häufig in Schauprozessen zu langjähriger Zwangsarbeit verurteilt oder in psychiatrische Kliniken eingewiesen, wo sie mit Hilfe von Medikamenten und Gehirnwäsche gefügig gemacht wurden. Manche Regimegegner mussten das Land verlassen und wurden zwangsweise ausgebürgert, wie etwa der Literaturnobelpreisträger Alexander Solschenizyn 1974.

1971 schätzten westliche Beobachter die Anzahl der Straflager auf 1000, die Anzahl der Gefangenen auf 1,2 Millionen, das waren 0,5% der Bevölkerung (USA 0,2%, Großbritannien 0,07%), davon waren mindestens 10 000 politische Häftlinge.

Etwa Mitte der Sechzigerjahre begannen Intelektuelle, Schriftsteller, Künstler und Wissenschaftler offen die zahlreichen Rechtsverletzungen der Behörden zu kritisieren. Die Bürgerrechts- oder Dissidentenbewegung (Dissident=Oppositioneller, Regimegegner) entstand.

Zu den bekanntesten Dissidenten gehörte Andrej Sacharow, Kernphysiker und Friedensnobelpreisträger von 1975. Er forderte in einem Memorandum an Breschnew 1971:

'1.Politische Verfolgungen:

Ich halte es für ein längst gereiftes Problem, eine allgemeine Amnestie der politischen Häftlinge zu erlasseneinschließlich der in psychiatrischen Anstalten Eingeschlossenen, einschließlich der Personen, die wegen versuchter Grenzüberschreitung verurteilt wurden

2.Öffentlichkeit, Freiheit des Informationsaustausches und der Überzeugungen

3.Nationale Probleme, Probleme der Ausreise aus unserem Lande:

a.)    Verordnungen und Gesetze sollten zur vollen Wiederherstellung der rechte der unter Stalin umgesiedelten Völker ergehen,

b.)    Gesetze sollten erlassen werden, die den Bürgern einfach und ungehindert den Gebrauch ihres Rechtes auf Ausreiseund freie Rückkehr gewährleistenUnsere Gesellschaft ist verseucht von Apathie, Heuchelei, kleinlichem Egoismus, verdeckter GrausamkeitAllen muss in der Wirklichkeit - und nicht nur in Worten - die gleiche Möglichkeit des Fortkommens in Beruf, in der Ausbildung und der kulturellen Bildung gegeben werden: das Privilegiensystem muss auf allen Gebieten des Bedarfs abgeschafft werden.'

Aufstände im Ostblock


Das 'Tauwetter' und die Maßnahmen der Entstalinisierung in den Jahren 1953 -1956 weckte in den von Moskau abhängigen Staaten des Osrblocks Hoffnung auf mehr Selbstständigkeit und politische Freiheit.

Wenige Wochen nach Stalins Tod lehnte sich im Volksaufstand vom Juni 1953 in der DDR die verzweifelte Bevölkerung  gegen das Ulbricht-Regime auf. Russische Panzer schlugen die Volkserhebung nieder.

In Polen entwickelte sich im Juni 1956 aus einem Protest gegen Arbeitsnormen in Posen ein offener Aufruhr, der von den Truppen niedergeschlagen wurde. Der unter Stalin abgesetzte KP-Chef Gomulka durfte in sein Amt zurückkehren. Er konnte eine gewisse Milderung des diktatorischen Systems erwirken, wurde jedoch 1970 durch erneute Machtkämpfe und Unruhen wieder gestürzt

Der Aufstand der Ungarn 1956 hatte verhängnisvolle Folgen für das Land. Ausgelöst wurde er durch ein 14-Punkte-Programm von Budapester Studenten, in dem sie den Abzug der Sowjettruppen, Demokratisierung des Landes und eine neue Regierung forderten. Die Bevölkerung schloss sich dem Reformprogramm an. Spontane Demonstrationen führten rasch zu einem Aufstand des ganzen Volkes. Die neue Regierung unter Imre Nagy ließ die Gründung von Parteien zu, erklärte den Austritt aus dem Warschauer Pakt und Ungarns Neutralität und proklamierte so den totalen Bruch mit dem sowjetischen System. Da die Sowjetunion nicht gewillt war, Ungarn aus ihrem Herrschaftsbereich zu entlassen, befahl sie Truppen und Panzern in Budapest einzurücken.

In den folgenden Wochen und Monaten fanden blutige Straßenkämpfe statt. Der Aufstand wurde schließlich von den Sowjets niedergeschlagen, Ungarn als abhängiger Staat wieder fest in den Ostblock eingefügt.

Alexander Dubcek leitete 1968 in der Tschechoslowakei (CSSR) als neuer Parteichef einen politischen Kurs ein, den er selbst als 'Sozialismus mit menschlichem Antlitz' bezeichnete. Er und seine Anhänger wollten den Weg des demokratischen Sozialismus gehen. Unter der begeisterten Zustimmung des Volkes proklamierten die Reformer die Rede- und Pressefreiheit, den Abbau der Allmacht der kommunistischen Partei, Reisefreiheit, das Konkurrenzprinzip in der Wirtschaft usw. Für dieses Reformprogramm wurde der Begriff 'Prager Frühling' geprägt. In der Nacht zum 21. August 1968 jedoch bereitete der Einmarsch von Truppen der Warschauer-Pakt-Staaten dem 'Prager Frühling' ein rasches Ende. Als Parteichef wurde der moskautreue Husak eingesetzt.

'Das Politbüro der kommunistischen Partei der SU war entschlossen, den ideologischen Ausbruch der CSSR aus dem Korsett der kommunistischen Disziplin nicht zu gestatten. Noch viel weniger war das Politbüro und das Oberkommando der sowjetrussischen Armee bereit, den strategisch-militärischen Ausbruch der CSSR aus dem Ostblock zu erlauben . Dieser Ausbruch hätte die ganze Verteidigungskonzeption Moskaus an ihrer Südflanke aufgerissen und den Anfang vom Ende des Ostblocks als Instrument sowjetrussischer Großmachtpolitik gegenüber dem Westen bedeutet'

Im November 1968 gab Breschnew vor der polnischen Arbeiterpartei eine Erklärung ab, die als 'Breschnew-Doktrin' bekannt wurde:

'wenn die inneren und äußeren dem Sozialismus feindlichen Kräfte die Entwicklung irgendeines sozialistischen Landes auf die Restauration der kapitalistischen Ordnung zu wenden versuchen, wenn eine Gefahr für den Sozialismus in diesem Land, eine Gefahr für die Sicherheit der gesamten sozialistischen Staatengemeinschaft entsteht, ist das nicht nur ein Problem des betreffenden Landes, sondern ein allgemeines Problem, um das sich alle sozialistischen Staaten kümmern müssen.'

Im Sommer 1980 brachen Streiks und Arbeiterunruhen in Polen aus. Aus den Streikkomitees entstand spontan die unabhängige Arbeitergewerkschaft 'Solidarnosc' (Solidarität), geführt von dem Werftarbeiter Lech Walesa. Zunächst offiziell zugelassen, erreichte Solidarnosc 10 Millionen Mitglieder, 1981 wurde der Kriegszustand über Polen verhängt, Solidarnosc verboten.


Demokratisierung


Das Jahr 1989 wird als das Jahr des Wandels in die Geschicht eingehen. In den osteuropäischen Staaten begann der Zusammenbruch des Marxismus, das Abbröckeln der kommunistischen Herrschaftsform, der Fall des 'Eisernen Vorhangs' und das endgültige Ende der Teilung Europas und des Kalten Krieges. Osteuropa befindet sich seit 1989 auf dem - allerdings langwierigen und mühevollen - Weg zur Demokratie und zur Marktwirtschaft.

Möglich wurden die vielfältigen revolutionären Umbrüche und Machtverschiebungen durch Michail Gorbatschow, seit 1985 Generalsekretär der KPdSU und seit 1989 Staatspräsident der SU. Anfänglich wollte Gorbatschow das politische System beibehalten und auch an der Vormachtstellung der KP nicht rütteln. Noch 1986 hätte niemand in der SU die baldige Einführung der Marktwirtschaft und die Suspendierung der KPdSU für möglich gehalten. Gorbatschow war ursprünglich bestrebt mit seiner 'Reform von oben' Auswüchse wie Bonzenherrschaft und Alkoholismus zu beheben. Sein Hauptanliegen aber war die Verbesserung der fast hoffnungslos tristen Wirtschaftslage. Seine Vorgänger waren an der Lösung der Wirtschaftsproblem gescheitert. Gorbatschow leitete mit 'Glasnost' und 'Perestrojka' (Offenheit, Umgestaltung) die politische Öffnung der SU und - indirekt -des gesamten Ostblocks ein, wollte damit aber eigentlich die Wirtschaftslage verbessern.

Gorbatschow erklärte dem ZK der KPdSU im Jänner 1987 seine 'neue' Politik:

'Auf einer bestimmten Etappe begann das Land (die UdSSR), an Entwicklungstempo zu verlieren, es begannen sich Schwierigkeiten und ungelöste Probleme zu häufen, es kam zu Stagnations- und andern, dem Sozialismus fremden Erscheinungen. Das alles wirkte sich ernsthaft auf die Wirtschaft sowie auf die sozialen und geistigen Sphären ausBei der Ausarbeitung der Politik und in der praktischen Tätigkeit überwogen konservative Haltungen, Trägheit, das Bestreben, alles vom Tisch zu wischen, was nicht in die gewohnten Schemata passte. Für all das, Genossen, tragen die führenden Organe der Partei und des Staates die Verantwortung

Wir brauchen die Demokratie wie die Luft. Wenn wir dies nicht begreifen,dann wird die Umgestaltung ersticken, Genossen,

Die KP setzt sich beharrlich dafür ein, dass das Volk alles erfährt, Offenheit, Kritik und Selbstkritik, Kontrolle durch die Massen - das sind die Garantien für eine gesunde Entwicklung der sowjetischen Gesellschaft. Zum einen braucht sie das Volk, d.h., alle brauchen sie. Das ist umso wichtiger,  weil die KPdSU die führende Partei ist. Und sie ist an Offenheit, an Kritik und Selbstkritik interessiert, weil dies reale und zuverlässige Formen eines normalen Funktionierens der KPdSU sind. Das sind gerade jene Mittel, die die Partei befähigen, Fehler in der Politik zu vermeiden. Der Preis dieser Fehler ist uns allen bekanntOffenheit, Kritik, Selbstkritik brauchen wir nicht nur, es sind die wichtigsten Merkmale der sozialistischen Lebensweise, und wenn irgendeiner meint, dass wir das nur deshalb brauchen, um die Unzulänglichkeiten der Vergangenheit zu kritisieren, so irrt er gewaltig. Das Wichtigste besteht darin, dass Offenheit, Kritik, Selbstkritik sowie Demokratie für unsere Vorwärtsbewegungerforderlich sind. Ohne die aktive Teilnahme des Volkes werden wir diese Aufgaben nicht lösen. Und eben dafür brauchen wir das allesWir streben nach einem qualitativ neuen Zustand der sowjetischen Gesellschaft. Wir sind davon überzeugt, dass die Sache der Umgestaltung unumkehrbar ist.'

Trotz der materiellen Unterstützung des Westens, der dem Reformversuch Gorbatschows mit viel Sympathie begegnete, konnten die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der SU nicht behoben werden - zu verkrustet war das System nach mehr als 70 Jahren kommunistischer Herrschaft.

Letztendlich aber begannen Umbruch und Demokratisierung es gesamten Ostblocks durch Gorbatschow. Frühere Versuche, das kommunistische System abzuschütteln, waren an der Unwilligkeit Moskaus gescheitert. Die reformfreudige Haltung Gorbatschows schwächte nun alle kommunistischen Parteien Osteuropas und gab den Reformern und Demokraten Auftrieb.

Von einem einheitlichen Prozess des Wandels kann aber keine Rede sein, Osteuropa war immer eine Region der Vielfalt. Die Art, die Intensität und das bisherige Ergebnis der eingeleiteten Öffnung und Demokratisierung sind daher von Land zu Land unterschiedlich. Eher schrittweise Veränderungen vollzogen sich in Ungarn, Bulgarien und in der UdSSR, wo bereits einige Jahre lang Reformflügel innerhalb der kommunistischen Parteien existierten. Im Frühjahr 1980 wählten die Ungarn erstmals in freien Parlamentswahlen, wobei die Oppositionsparteien Gewinne verbuchen konnten. Das neue Regierungsprogramm sieht u.a. die Einführung der Sozialen Marktwirtschaft sowie die EU-Mitgliedschaft innerhalb von 10 Jahren vor.

In Polen war bereits nach Verhängung des Kriegsrechtes 1981 eine Vielzahl von oppositionellen Gruppen entstanden, die trotz Verbotes tätig waren. 1989 erfolgte die Wiederzulassung der Solidarnosc. Bei den ersten freien Wahlen seit Kriegsende gingen demokratische Parteien als Sieger hervor. Es wurde die erste nichtkommunistische Regierung seit 1946 gebildet. Der Soldarnosc-Führer Lech Walesa wurde im Dezember 1990 zum Staatspräsidenten gewählt. Polen war damit der erste Staat des ehemaligen Ostblocks, in dem die kommunistische Herrschaft beendet wurde.

In der ehemaligen DDR,in der CSFR und in Rumänien hingegen vollzog sich der Umbruch durch spontan auftretende Massenaktionen bzw. Demonstrationen, die aufgrund ihrer Heftigkeit und Intensität in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerieten.

Die 'Wende' in der DDR löste die Fluchtbewegung von DDR-Urlaubern im Sommer 1989 über die ungarische und tschechische Grenze in den Westen aus. Im Herbst gingen in den 'Montags-Demonstrationen' Hunderttausende in Leipzig und anderen Städten auf die Straße und forderten mit dem Ruf 'Wir sind das Volk' Reformen. Am 18.Oktober musste der langjährige SED-Vorsitzende Honecker zurücktreten; sein Nachfolger Krenz am 9.November endlich die Berliner Mauer und weitere Grenzübertritte zur BRD öffnen. Am 18. März fanden erstmals freie Wahlen in der DDR statt. In sogenannten 'Zwei-plus-vier-Gesprächen' nahmen die Außenminister der beiden deutschen Staaten, Großbritanniens, Frankreichs, der USA und der UdSSR Gespräche über die deutsche Wiedervereinigung auf. Am 18.Mai 1990 wurde der Staatsvertrag über eine Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der BRD und der DDR unterzeichnet. Am 3.Oktober 1990 erfolgte die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten; Hauptstadt ist Berlin.

Mit friedlichen Massendemonstrationen gegen das kommunistische Regime und für Demokratisierung wurde in der CSFR die 'Samtene Revolution' eingeleitet. Sie erreichten am 23.November 1989 ihren Höhepunkt, als der Schriftsteller und Dissident Vaclav Havel und der verstoßene Anführer des 'Prager Frühlings', Alexander Dubcek, zur Menge sprachen. Wenige Stunden später musste die kommunistische Regierung zurücktreten. Oppositionsgruppen hatten sich zum 'Bürgerforum' zusammengeschlossen. Im Dezember zerschnitten der österreichische Außenminister Mock und sein tschechischer Kollege Dienstbier symbolisch den Grenzzaun zwischen den Staaten. Im Dezember wurden Alexander Dubcek zum Parlamentsvorsitzenden, Vaclav Havel zum Staatspräsidenten gewählt. 1990 fanden freie Wahlen statt.

Die 'Unvollendete Revolution' im Winter 1989 in Rumänien war, wie sich später herausstellte, eine Mischung aus spontaner Revolution des Volkes und einem - wahrscheinlich schon länger geplanten - Putsch von Militärs und Parteiführern. Auslöser für die Volkserhebung waren die Proteste gegen die Behandlung eines regimekritischen Pastors ungarischer Abstammung in Temesvar. Die mehrtägigen Kämpfe in Temesvar zwischen Armee und Bevölkerung gegen die Geheimploizei Securitate, die über 7000 Tote forderten, griffen auf Bukarest über. Dort wurde der Ausnahmezustand verhängt, Ceausescu gestürzt. Die 'Front der Nationalen Rettung' übernahm mit Unterstützung der Armee die Führung des Aufstandes. Ende Dezember erschütterten blutige Kämpfe zwischen Securitate-Angehörigen und Soldaten, unterstützt von Zivilisten, die rumänischen Städte. Diese Situation nützten einige Verschwörer für sich; der Rat der 'Front der Nationalen Rettung' ernennt Ion Iliescu zum provisorischen Präsidenten und Petre Roman zum Premier. Im 1990 fanden Wahlen statt. Iliescu wurde zum Staatspräsidenten vereidigt, Roman mit der Bildung einer neuen Regierung betraut. Seither finden in Rumänien immer wieder Proteste, Streiks und Demonstrationen statt. Den neuen Machthabern wird Kommunismus, diktatorisches Vorgehen gegen die Opposition und Demokratiefeindlichkeit vorgeworfen.

In Bulgarien ging in freien Wahlen im Juni 1990 die Sozialistische Partei (Nachfolgepartei der KP) als Siegerin hervor. Ansätze zu demokratischen Reformen wurden nun eingeleitet. Auch in Albanien fanden Demonstrationen statt, schließlich versuchten tausende Albaner nach Italien zu fliehen, wurden aber wieder zurückgeschickt. Nichtkommunistische Parteien werden jetzt zugelassen, aber die KP ringt weiterhin um die Vorherrschaft.

Auch der Vielvölkerstaat Jugoslawien brach zusammen. Im Juni 1991 erklärten sich Slowenien und Kroatien für unabhängige und souveräne Staaten, 1992 folgten Bosnien-Herzegowina und Mazedonien. Damit begann ein blutiger Krieg, der durch die Intervention der UNO beigelegt werden konnte. In jüngster Zeit eskalierte im mehrheitlich von Albanern bewohnten Kosovo eine militärische Auseinandersetzung zwischen der albanischen UCK und der serbischen Staatsmacht

Im August 1991 ereignete sich ein Vorgang, der das Ende des Kommunismus und den Zusammenbruch der Sowjetunion in ihrer bisherigen Form bedeutete: Ein achtköpfiges Komitee aus Altstalinisten führte einen Putsch durch und setzte Gorbatschow ab. Panzer rückten in Moskau ein. Durch den Einsatz des Radikal-Reformers Boris Jelzin - im Juni 1991 vom Volk zum russischen Präsidenten gewählt - und auf Grund wütender Proteste und Demonstrationen des Volkes brach der Putsch innerhalb weniger Tage zusammen. Gorbatschow wurde wieder ins Amt eingesetzt, verlor aber alle Sondervollmachten. Der KGB wurde verboten, die KP suspendiert, in einigen Republiken sogar verboten. Fast alle Sowjet-Republiken erklärten ihre Unabhängigkeit, fanden sich aber teilweise in Unionsverträgen zusammen (GUS), die politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit vorsehen.

So positiv die Entwicklung von kommunistischer Diktatur zur demokratischen Regierungsform auch bewertet werden muss, so groß sind auch die damit verbundenen Probleme. Enorme Schwierigkeiten bereitet die Umstrukturierung der kommunistischen Planwirtschaft auf marktwirtschaftliche Formen. In dieser Übergangszeit entstehen teilweise eine hohe Arbeitslosigkeit, eine steigende Verschuldung und Preiserhöhungen. Eine große Herausforderung für das westliche Europa bedeutet auch das Flüchtlingsproblem. Einige Staaten - so auch Österreich - sichern ihre Grenzen vor der Flüchtlingswelle mit Grenzschutztruppen. Zu den besonderen Auswüchsen gehören der neu aufflammende Nationalismus und der Ausländerhass. Besonders auch in den ehemaligen Ländern der DDR verübten Rechtsextreme und Neo-Nazis Anschläge auf Asylantenheime und greifen Ausländer tätlich an.

Aufgabe eines künftigen friedlichen, einigen Europas wird es sein, die Gegensätze zwischen Ost und West zu überbrücken.




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