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Referat Grundbegriff: "Bildung" - Begriffsklärung

geschichte referate

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Johannes Gutenberg Universität Mainz

Pädagogisches Institut

Proseminar "Einführung in die Erziehungswissenschaft"


Grundbegriff: "Bildung"

Inhalt

Einleitung

Begriffsklärung

Der Begriff aus historischer Perspektive


Zusammenfassung der klassischen Bildungstheorien

5. Bestimmungsdimensionen von Bildung und Bildungstheorien

Umdeutungen des klassischen Bildungsbegriffs

Modernisierung des Bildungsbegriffs

Bildungsformen

Resümee

Literaturnachweis

Einleitung

In dieser Arbeit steht der Grundbegriff "Bildung" im Vordergrund. Was ist Bildung? Wie wird Bildung in der heutigen Gesellschaft gesehen? Und nach welchen Kriterien wird "Bildung" be­urteilt? Diese Fragen, die eine Begriffsklärung unvermeidlich machen, sollen ebenso behandelt werden, wie die Bestimmung verschiedener Bildungstheorien und -dimensionen. Dafür erscheint es sinnvoll, die Wandlung des Bildungsbegriffs in der Historie zu beschreiben und ihn an Hand von klassischen und modernen Bildungstheorien verschiedener Vertreter zu erläutern.

Begriffsklärung

"Bildung (eruditio, ex rudibus = aus dem Rohzustand und über ihn hinaus) meint die Aneignung von Kenntnissen und Fertigkeiten in Selbstverfügung und aktiver Gestaltung mit dem Ziel der reflexiven Ausformung eines kultivierten Lebensstils (Educand-Perspektive)" (RAITHEL u. a. 2005, 37).

"Bildung" als Grundbegriff hat eine lange geisteswissenschaftliche Tradition und nimmt mittler­weile eine zentrale Stellung in der Pädagogik ein. "Bildung" ist ein exklusiv deutscher Begriff, der eine Grundkategorie in der Pädagogik darstellt. Früher wurde "Bildung" vor allem ". als die Kultivierung der verschiedenen Facetten von Menschlichkeit verstanden, um an den in einer Ge­sellschaft üblichen Lebensformen teilhaben zu können" (a.a.O.). Mit Blick auf die Entwicklung der Pädagogik in Deutschland kann man sehen, dass, innerhalb von Idealismus und Neuhuma­nismus, dieser Akzent überhöht wurde, sodass Bildung vor allem als Herausformung von inneren Werten und Vervollständigung der eigenen Erlebnistiefe verstanden wurde. Moderne Definitio­nen des Begriffs sehen die Förderung von Eigenständigkeit und Selbstbestimmung des Menschen im Vordergrund. Diese Bildung entsteht durch die Auseinandersetzung des Menschen mit der ökonomischen, kulturellen und sozialen Lebenswelt (vgl. ADORNO 1971, 44).

'Bildung wird übereinstimmend gesehen als ein Prozess, Weg oder Ablauf in der Zeit. Dabei wird der Mensch von einem Zustand in den anderen geführt. Seine Verfassung ändert sich. Diese Veränderung wird als Verbesserung verstanden.' (LASSAHN 1977, 39).

Der Begriff aus historischer Perspektive

Neben einer Einordnung des Begriffs "Bildung" in unterschiedliche Dimensionen (vgl. LANGEWAND 1994 u. Kapitel 5) bietet es sich an die Entwicklung aus historischer Perspektive zu analysieren. Wenn man den Begriff nun genauer betrachten möchte, ist dies nur unter Ver­wendung von z.B. Platons "Paideia" möglich (vgl. Kapitel 4), da dort erstmals eine Theorie der Bildung entworfen wurde.

Im Mittelalter wird Bildung dann auf Gott bezogen und auf ihn ausgerichtet. Das bedeutet, dass der Mensch sich Gott (wieder) annähren soll. Dabei entfremdet sich der Mensch von sich selbst. In der selben Zeit ist auch der humanistische Bildungsbegriff anzusiedeln, bei dem es vor allem darum geht, sich selbst nach freiem Willen zu bilden. Dazu kommt ein gewisser Bedarf an gebildeten Kaufleuten, was dazu führt, dass die Bildung zum Merkmal einer geistigen Elite wird. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts findet der Übergang zu einer naturalistischen Ausdeutung des Bildungsbegriffes statt (vgl. SCHWENK 2004, 211).

In der Mitte des 18. Jahrhunderts wird der Begriff "Bildung" aus dem theologischen Bezug gelöst und innerhalb der Aufklärung neu definiert. In dieser Zeit ist das Ziel der Bildung, dass der Mensch bzw. der Heranwachsende zum einen individuelles Glück findet und zum anderen, dass er dem Gemeinwohl dient. Die Bildung in der Zeit der Aufklärung war vernunft- und berufsständisch orientiert. Der Bildungsbegriff wurde als schulpädagogischer Bildungsbegriff verstanden, da durch die allgemeine Schulpflicht die Heranwachsenden zu vernunftbestimmten, glücklichen und tüchtigen Menschen gemacht werden sollten. Der klassische Bildungsbegriff grenzt sich dann zum Bildungsbegriff der Aufklärung dadurch ab, dass der Prozess des "Sich-selber-Bildens" viel stärker zum Ausdruck kommt. Bildung wird als ständige Auseinandersetzung zwischen dem "Ich" und der "Welt" verstanden. Eine Zusammenfassung der klassischen Bildungstheorien soll im folgenden Abschnitt behandelt werden. Ab dem 19. Jahrhundert kommt es verstärkt zu Umdeutungen des Begriffs, die in Kapitel 6 näher erläutert werden sollen, da sich darauf auch die Kritik der Moderne stützt (vgl. a.a.O. 211ff).

Zusammenfassung der klassischen Bildungstheorien

Dass der Prozess der Formung des Menschen "Bildung" genannt wird, war Thema in Kapitel 2. Daraus folgt, dass eine Herausbildung einer Gesamtverfassung des Menschen abhängig ist von dessen Ziel- und Sinnvorstellungen. Dass die Sinnvorstellungen dabei eine ganz entscheidende Rolle spielen, kann man daran erkennen, dass die klassischen Bildungstheoretiker, trotz ähnli­chem historischen Hintergrund, verschiedene Theorien aufstellten. So wurden im Laufe der Ge­schichte ganz unterschiedliche Bildungsvorstellungen entwickelt, die im Folgenden aufgezeigt werden sollen. Hier möchte ich noch die Begriffsdeutung von Platon (428 - 348 v. Chr.) mit ein­fließen lassen, da die Nachwirkungen von Platons Bildungslehre zwar vor allem im abendländi­schen Erziehungsdenken zu spüren waren, aber auch Eingang fanden in die christliche Bildungs­lehre des Mittelalters. In der Neuzeit knüpften Vertreter des deutschen Idealismus wie Kant, He­gel, Fichte, Schleiermacher und die Bildungslehren der geisteswissenschaftlichen Pädagogik an Platons Gedankengut an (vgl. LASSAHN 1977, 18).

"Eine individuelle und soziale Anthropologie bildet bei Platon die Grundlage seiner Bildungs­theorie, die er im "Höhlengleichnis" (PLATON, Politeia, 514 ff) entwickelt" (a.a.O., 16). Darin wird beschrieben, dass der Mensch im noch nicht gebildeten Zustand, nicht die Fähigkeiten be­sitzt, seine Wahrnehmungen zu überprüfen. Platon sagt, dass "der Prozess der Bildung nicht al­lein aus eigener Kraft durchgeführt werden" (a.a.O.) kann und dass jedem, der vom Dunkeln der Höhle in das helle Licht der Wahrheit schauen muss, die Augen schmerzen werden. Er muss sich langsam an dieses "Licht" gewöhnen. Weiter sagt er, dass der Gefesselte in der Höhle gar nicht aus der Höhle heraus möchte. Dieser Aufstieg aus der Höhle ist genauso ein Prozess wie die ei­gene Wahrheit und Erkenntnis zu finden, da Platon Bildung nicht mit Wissen gleichsetzt. Trotz­dem sollte der Mensch von subjektivem Empfinden zu sachlichem Handeln geführt werden (vgl. a.a.O).

Die klassischen Bildungsideale begründen sich hauptsächlich auf die Idee von Individualität, Universalität und Totalität. Ihre Vertreter sind vor allem Herder, Goethe, Schiller, Humboldt, Schlegel, Schleiermacher Fichte, Pestalozzi und Hegel. In Anlehnung an LASSAHN sollen die klassischen Theorien nun zusammenfassend dargestellt werden (LASSAHN 1977, 38ff):

Die Bildung wird bestimmt durch die Vorstellungen vom Sinn des Lebens, der Geschichte und der Vorstellung der idealen Verfassung von Mensch und Staat. Der Mensch soll zu Selbstbestimmung geführt werden, doch vorher muss er sich ein Bild von dem Ziel machen, zu dem er strebt. "Vorbilder" müssen bei dem Heranwachsenden gegeben sein.

Die Auffassung tatsächlich vorhandener Menschen und der tatsächlichen gesellschaftlichen Zustände bestimmen wiederum die Bildung. Jede Idee von Handlung und Bildung muss an der Wirklichkeit zu überprüfen sein.

Bildung wird übereinstimmend als Prozess gesehen. Die Verfassung des Menschen verändert sich und wird als Verbesserung verstanden. Am Anfang des Prozesses ist der Mensch nicht in der Lage selbstständig das zu leisten was am Ende gefordert wird (die Freiheit des Menschen) und Anfang und Ende werden von den ersten beiden Faktoren abhängig gemacht.

Dieser Bildungsprozess läuft zwischen Menschen ab, d. h., dass der Mensch nur unter Menschen gebildet werden kann. Der Prozess wird so als gesellschaftlicher, politischer oder ethischer Vorgang gesehen.

Der Prozess der Bildung wird nicht als reiner Funktionsprozess angesehen, sondern als ein materialer und inhaltlicher Prozess. Jedes Handeln des Menschen ist inhaltlich gebunden und er benötigt Welt, Wirklichkeit, Gegenstände und Vorhandenes an denen er sich bildet.

Der Bildende muss auf dem Weg seiner Bildung selbst tätig werden; lernen wollen.














Bestimmungsdimensionen von Bildung und Bildungstheorien

Langewand zeigte die Umrisse eines modernen Bildungskonzepts an Hand von fünf Dimensionen auf (LANGEWAND 1994, 74 ff). Diese sollen im Folgenden kurz erklärt werden um einen Ein­blick in die verschiedenen Dimensionen zu schaffen. Was dieses moderne Bildungskonzept für die Entwicklung des Begriffs "Bildung" und für die aktuelle gesellschaftliche Situation bedeutet, ist Thema in Kapital 6. und 8.

Dimensionen des Bildungsbegriffs

 

Innerhalb der "sachlichen Dimension" braucht die Bildung Bildungsinhalte, braucht "Stoffe". Die sachliche Dimension teilt sich noch einmal auf in "materiale" und "formale" Bildungstheo­rien, die unterschiedlich behandelt werden. Die "temporäre Dimension" geht davon aus, dass Bildung "Geschichte" braucht und die Menschheitsgeschichte einen Sinn hat, der immer wieder ausgehandelt werden muss. Die "soziale Dimension" meint, dass "Bildung" Zustimmung und Kommunikation braucht, und dass mit Bildung normative Zusammenhänge der menschlichen Gesellschaft verbunden sind. In der "wissenschaftlichen Dimension" wird gewünscht, dass Bil­dung Wissenschaft und nicht Dogmatismus benötigt. Innerhalb der "autobiographischen Dimen­sion" geht man davon aus, dass jeder einzelne Bildung für sein Selbstverständnis braucht (vgl. GUDJONS 1999, 204).

Umdeutungen des klassischen Bildungsbegriffs

Schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann sich der Begriff "Bildung" zu wandeln. Die Bildungsziele vor dem Zeitalter der Aufklärung waren noch auf Gott ausgerichtet. Nun sind sie bestimmt durch die Notwendigkeit des Menschen in einer Gesellschaft zu leben und dieser nützlich zu sein. "Es geht darum die "Rohmasse" Mensch so zu formen ()".

In dieser Zeit wird Bildung zum Bestandteil eines konservativen Selbstverständnisses und wird vor allem für das Bildungsbürgertum zum sozialen Abgrenzungskriterium (vgl. BOLLENBECK 1994, 160 ff). Bildung wird zum Programm und zu einem messbaren Gut.

"Der deutsche Idealismus wendet den Bildungsbegriff zum Subjektiven. Bildung wird verstanden als Bildung des Geistes, der sich selber schafft. Dieser bei Fichte beschriebene Prozess lässt sich in der Formel fassen: Das Ich als Werk meiner Selbst. Außerdem ist es Fichte, der seinen Bil­dungsbegriff das erste Mal auf objektives Faktenwissen begründet. Ziel ist wie bei den Denkern der Aufklärung die Genese einer vollkommenen Persönlichkeit. Vollkommen ist die Person, wenn eine Harmonie zwischen "Herz, Geist und Hand" besteht" (a.a.O.).

Noch vor 1945 beginnt die Entwicklung von neuen Strömungen innerhalb der Pädagogik: die Geisteswissenschaftliche Pädagogik, die Kritische- sowie die Kritisch-Rationale Theorie, die die drei Hauptströmungen der modernen Erziehungswissenschaften bilden. Ich möchte hier vor allem auf die Kritische Theorie von Horkheimer, Adorno u. a. eingehen, da sie den Begriff der Bildung heftig kritisierten und versuchten ihn in ein neues Licht zu rücken.

Im Zentrum der Kritischen Theorie steht die Ökonomie, die Entwicklung des Individuums und die Kultur. Vor allem die "Gesellschaft" wird kritisch betrachtet, da sie innerhalb dieser Theorie nicht als Gesamtheit von Menschen in meiner bestimmten Zeit aufgefasst wird, sondern als "Verhältnisse" (wie z.B. die Familie), die den Charakter und die Handlungsmöglichkeiten weit­aus stärker beeinflussen können. Dagegen gehe die Bedeutung des Individuums durch Technisie­rung, wissenschaftlichen Fortschritt und Bürokratie in der kapitalistischen Gesellschaft verloren. Die Kritische Theorie besagt, dass die Vernunft sich zu einer instrumentellen und zweckbe­stimmten gewandelt hat und diese sehe die Welt und die Menschen lediglich unter dem Aspekt des Nutzens.

Die Hauptvertreter dieser Theorie (Adorno, Horkheimer) begründen mit ihren marxistischen und psychoanalytischen Gedanken die Frankfurter Schule. Dort wurde die Denktradition von Marx und Hegel fortgesetzt und der Dialektik ein hoher Stellenwert zugeschrieben (vgl. KECKEISEN, 2004, 482ff).

Durch die Erfahrungen des Nationalsozialismus erlebte die Kritische Theorie einen neuen Auf­schwung. In Bezug auf den Bildungsbegriff bekam nun die politische Bildung einen besonderen Stellenwert. Lange Zeit ging man in der Psychologie vom Individuum und in der Soziologie vom Mensch in der Gruppe aus. Abhandlungen über Massenpsychologie und Ergebnisse über Grup­penverhalten wurden zur Erklärung des "Dritten Reiches" herangezogen. Dies verstärkte den Eindruck, dass der Mensch in allem was er denkt und tut durch die Gesellschaft bestimmt ist. Diesen sozialen Wandel und die Auffassung der Soziologie brachte Durkheim so zum Ausdruck: "Die Erziehung ist das Mittel, mit dem die Gesellschaft in ihren Kindern die wesentlichen Bedin­gungen ihrer Existenz vorbereitet" (DURKHEIM 1972, 30). Die gesamte Bildung wurde auf die Entnazifizierung der Deutschen ausgelegt.

Ihre Blütezeit erlebte die Kritische Theorie dann in den 1968er-Bewegungen. In dieser Zeit geriet der Bildungsbegriff in besonders heftige Kritik, da er idealisierend und historisch überholt sei. Zudem sei er für die moderne Industriegesellschaft völlig unbrauchbar. Die empirische Erzie­hungswissenschaft versuchte den Bildungsbegriff in Einzelkomponenten aufzuspalten, die kriti­sche Erziehungswissenschaft nutze ihn, wie beschrieben, als Objekt für ideologiekritische Unter­suchungen (vgl. GUDJONS 1999, 202). Kennzeichen dieser Epoche war der Übergang von eher erziehungsphilosophischen Theorien zu fachdidaktischen Konzeptionen der politischen Bildung.

Bis heute gibt es so keine eindeutige Beschreibung des Bildungsbegriffs, da Bildung auch immer mit den gesamten äußeren Zuständen, wie Gesellschaft, Wirtschaft etc. konfrontiert wird und sich so immer wieder neu anpassen muss. So musste sich auch die Pädagogik mit neuen Fragen be­schäftigen, die mit Bildungsnotstand, Bildung für alle, politischer Bildung und vielen anderen Bereichen zusammenhängen. Fragen nach Voraussetzungen für Bildung; nach der Pflicht des Staates für Bildung zu sorgen. So wurde auch die "Theorie der Halbbildung" von Adorno zu ei­ner wichtigen, aber auch umstrittenen Theorie, auf die ich nun etwas näher eingehen möchte, um die neue Art der Bildungstheorien aufzuzeigen.

"Halbbildung war eine seit dem Ausgang des 19. Jahrhunderts benutzte verächtliche Bezeich­nung des Bildungsbürgertums für den Bildungsstand von Emporkömmlingen aus den unteren Schichten des Bürgertums. Der Begriff wurde insbesondere von Theodor W. Adorno vertieft be­handelt. Nach Adorno soll 'Halbbildung' eine je nach Perspektive des Urteilenden lückenhafte, oberflächliche, weil nur als Selbstzweck oder zur Anpassung erworbene, Bildung bezeichnen." . Im Zentrum der Theorie der Halbbildung steht einerseits die These vom Doppelcharakter der Natur, andererseits die Physiognomie der Halbbildung. Im Soziologiekonzept Adornos muss das, was Bildung sein will mit dem Ist-Zu­stand, der in der Gesellschaft herrscht, konfrontiert werden - Halbbildung. Er übt in soweit Kritik an der Gesellschaft als dass sie vollkommen verändert werden müsste, um einen Weg, aus dem Verfall der Bildung zur Halbbildung, zu finden. Weiter sagt er: "Erstarrt das Kraftfeld, das Bil­dung hieß, zu fixierten Kategorien, sei es Geist oder Natur, Souveränität oder Anpassung, so ge­rät jede einzelne dieser isolierten Kategorien in Widerspruch zu dem von ihr Gemeinten und gibt sich her zur Ideologie, befördert die Rückbildung" (ADORNO 1959, 96).

Modernisierung des Bildungsbegriffes

Das folgende Kapitel soll die Modernisierung des Bildungsbegriffs noch einmal verdeutlichen. Sie hat sich vor allem in den letzten 60 Jahren herausgebildet und die wesentliche Begriffsdeu­tung besteht vor allem darin, dass Bildung mit Menschen zu tun hat, die in verschiedenen Ver­hältnissen aufwachsen. Schon Humboldt forderte, dass "die freieste, so wenig wie möglich schon auf die bürgerlichen Verhältnisse gerichtete Bildung des Menschen überall vorangehen müsste" (HUMBOLDT 1982, 70f). So wendet sich Bildung ".gegen die Vereinnahmung des Lernenden für gesellschaftliche, ökonomische oder politische Zwecke" (GUDJONS 1999, 65). Der Mensch sollte also frei entscheiden können und die Bildung so individuell wie möglich sein. Bildung muss aber auch immer im sozialen Kontext gesehen werden.

Emanzipation wird zum Schlagwort innerhalb des Bildungsbegriffs. Innerhalb des Emanzipati­onsbegriffs sind verschiedene Merkmale voneinander abzuheben: Die "philosophische Bedeu­tung" beinhaltet die "Aufhebung von Entfremdung (MARX) durch Beseitigung des Privatbesitzes an Produktionsmitteln und der Trennung von Kopf- und Handarbeit (menschliche Emanzipation des Menschen)" (a.a.O., 68). Der "historischen (sozialhistorischen) Bedeutung" werden die "Freiheitsbestrebungen bestimmter Sozialschichten (z. B. des Bürgertums oder der Arbeiter­schaft)" (a.a.O.) zugeordnet. Unter der "politische Bedeutung" des Emanzipationsbegriffs ver­steht man das "Erkämpfen von Freiheitsspielräumen (wie sie etwa im Grundrechtskatalog oder der Charta der Menschenrechte fixiert sind)" (a.a.O.). Das letzte Merkmal ist die "soziologische Bedeutung". Sie steht für die "Aufhebung sozialstruktureller Benachteiligungen von sozialen Gruppen (etwa Emanzipation der Frau oder der von Minderheiten)' (a.a.O.).

Die gesamte Situation der Bildung in der Moderne zu thematisieren wäre ein Punkt, der den Rahmen dieser Ausführung sprengen würde. Allerdings erscheint es sinnvoll, noch kurz die Di­mensionen des Modernisierungsprozesses aufzuzeigen.

Wie im folgenden Schaubild abgebildet, stellt sich die Modernisierung dar                     

- als Prozess der Differenzierung im Bereich der Struktur,   

- im Kontext von Kultur als Vorgang der Rationalisierung,

- mit Blick auf die Person als Individualisierung und           

- hinsichtlich der Natur als Domestizierung.

(GUDJONS 1999, 77)

Diese Wandlungstendenzen machen sich verstärkt mit dem Einsetzen der Industrialisierung und dann vor allem im 20. Jahrhundert bemerkbar. Die Theorie der Modernisierung soll nun kurz, in Anlehnung an GUDJONS (a.a.O., 80), zusammengefasst werden: " Modernisierungsprozesse lassen sich durch die Frage präzisieren, was an sozialem Handeln sich im Laufe der Moderne geändert hat: Die sozialen Strukturen und damit die Handlungsrollen haben sich zunehmend differenziert. Rationalisierung im Sinne wissenschaftlicher Durchdringung hat sich durchgesetzt, der Einzelne hat sich von der Einbindung in Institutionen und Schichten zugunsten einer indivi­duellen Gestaltung seines Lebens gelöst und menschliche Triebkräfte, seine Natur, wurden ge­zähmt, kontrolliert, kurz: domestiziert."

So wurde, ausgehend von der Kritik am Bildungsbegriff und im Zusammenhang mit dem Bemü­hen um eine sozialwissenschaftlichere Ausrichtung der Pädagogik, ab Mitte der 1960er Jahre zunehmend versucht den Bildungsbegriff zu vermeiden. Ersatzbegriffe wie "Wissenschaftsorien­tierung", "Lernen", "Erziehung" oder "Unterricht", "Kompetenz", "Sozialisation", "Emanzipa­tion", "Selbstbestimmung", "Mündigkeit", "Freiheit", "Qualifikation" und "Identität" traten an dessen Stelle. Auch wenn ungefähr 20 Jahre lang der "Bildungsbegriff" von seinen so genannten theoretischen Aquivalenten in den Schatten gestellt war, konnte sich keiner dieser Begriffe als neuer Leitbegriff etablieren. Mittlerweile lassen sich in den Erziehungswissenschaften Bemühun­gen um Rekonstruktion und Revision des Bildungsbegriffs feststellen. Es werden Anschlüsse an die in der Tradition der Bildungstheorie benannten Fragestellungen gesucht und in der Auseinan­dersetzung mit aktuellen Diskussionen fortgeführt.

Bildungsformen

Über die Deutung des Begriffes "Bildung" hinaus erscheint es abschließend sinnvoll, darauf zu verweisen, das Bildung in verschiedenen Formen stattfinden kann und nach Evans, wie folgt, unterschieden werden

Formale Bildung (formal [school] education): Lernen an Institutionen, die als Schulen bezeichnet werden und deren hervorstechendes Merkmal nach Altersgruppen gestufte Klas­sen sind, in denen Kinder und Jugendliche nach einem festen Curriculum durch einen Ka­der geprüfter Lehrer mittels standardisierter pädagogischer Methoden unterrichtet werden.

Nichtformelle Bildung (nonformal [out-of-school] education): Lernen außerhalb von Schulen, bei dem sowohl für die Informationsquelle als auch der Lernende die bewusste Absicht zur Förderung des Lernprozesse haben.

Informelle Bildung (informal education): Lernen in Situationen, in denen entweder der Lernende oder die Informationsquelle die bewusste Absicht hat, einen Lernprozess in Gang zu bringen bzw. zu fördern - nicht aber beide.

Beiläufige oder inzidentelle Bildung (incidential education): Lernen, welches weder als bewusster Lernversuch seitens einer Quelle noch als bewusster Lernversuch seitens des Lernenden stattfindet.



Resümee

Das Resümee soll nicht nur eine abschließende Funktion haben, sondern auch noch einmal die Problematik des Bildungsbegriffes hervorheben. In den Ausführungen wurde offensichtlich, dass der Bildungsbegriff in viele verschiedene Richtungen deutbar ist und unterschiedliche wissenschaftliche Verwendung findet. "."Bildung (muss) als Allgemein- oder Nationalbildung für jede denkbare Gesellschaft als identifizierbar in Ansatz gebracht werden, unterscheidbar von einer ökonomisch motivierten Berufsbildung und von der für Schriftkulturen vorauszusetzenden Elementarbildung' (SCHWENK 2004, 219f). "Unter soziologischer Fragestellung rückt "Bildung' in die Nähe von Begriffen wie individuelle Selbststeuerung oder Verhaltensstabilisierung (a.a.O.). Auch wird gesagt: "Mit "Bildung' ist heute meist all das gemeint, was der Mensch durch die Beschäftigung mit Sprache und Literatur, Wissenschaft und Kunst zu gewinnen vermag, durch die erarbeitende und aneignende Auseinandersetzung mit der Welt schlechthin' (a.a.O., 208f). Bildung als Grundbegriff befindet sich allerdings in ständiger Kritik und Weiterentwicklung und Wert- und Sinnentscheidungen sind notwendig um den Bildungsbegriff zu erläutern und zu begreifen.

'Doch trotz aller Kritik, welcher der Bildungsbegriff in den letzten Jahrzehnten ausgesetzt war, erweist er sich ganz offensichtlich als unverzichtbar. Das zeigt sich allein schon an den vielerlei gebräuchlichen Wortverbindungen, die er eingegangen ist, wie Bildungsforschung, Bildungspla­nung, Bildungspolitik und dergleichen mehr' (a.a.O.).

Diese Arbeit wirft die Frage nach einer Klärung des Bildungsbegriffes und dessen Umsetzung auf. Moralische, kognitive, ästhetische und praktische Dimensionen bestimmen u. a. den Bildungsbegriff. Bildung wird vor allem gesehen als ein individueller Prozess jedes Einzelnen, den es gilt zu fördern.

Nachdem über einige Jahre die kritischen Erziehungswissenschaften im Vordergrund standen, kann man mittlerweile feststellen, dass die klassischen Ideale wieder mehr Beachtung finden. Die Entfaltung aller menschlichen Kräfte, wie bei Humboldt vorgesehen, soll wieder in die allgemeine Schulbildung einfließen. Einige alternative Schulen gehen diesen Weg bereits und auch die Bildungsideale werden nach Auswertung der Pisa-Studie wieder verstärkt diskutiert.

Literaturverzeichnis

Adorno, T. W.:           Theorie der Halbbildung (1959); in: Ders.: Gesammelte Schriften, Band 8, Darmstadt 1998, S. 93-121

Adorno, T. W.:           Erziehung zur Mündigkeit. Frankfurt 1971

Bollenbeck, G.:           Bildung und Kultur. Glanz und Elend eines deutschen Deutungsmusters. Frankfurt 1994

Durkheim, E.:             Erziehung und Soziologie. Düsseldorf 1972

Gudjons, H.:               Pädagogisches Grundwissen. Bad Heilbrunn 1999

Humboldt, W. v.:       Ideen zu einem Versuch die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen. Stuttgart 1982

Internet:                      www.institutfutur.de

Keckeisen, W.:           Erziehungswissenschaft, Kritische. In: Lenzen, D. (Hrsg): 7Pädagogische Grundbegriffe. Reinbek 2004, S. 482-507

Langewand, A.:          Bildung. In: Lenzen, D. (Hrsg.): Erziehungswissenschaft. Reinbek 1994,

S. 69-98

Lassahn, R.:                Grundriss einer Allgemeinen Pädagogik. Heidelberg 1977

Raithel, J., u. a.:          Einführung Pädagogik. Begriffe, Strömungen, Klassiker, Fachrichtungen. Wiesbaden 2005

Schwenk, B.:              Bildung. In: Lenzen, D. (Hrsg.): 7Pädagogische Grundbegriffe. Reinbek 2004, S. 208-221



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