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Referat Spirituals / Gospels (African Gospel)

kultur referate

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Spirituals / Gospels

1) Begriffe

"Spirituals" oder auch "Negro Spirituals" sind geistliche Lieder, die von den Afrikanern nach Amerika gebracht wurden. Sie werden als Vorläufer der Gospelmusik betrachtet.

Spirituals waren die Lieder, welche die schwarzen Sklaven im Alltag sangen, mit fast ausschließlich religiösen Inhalten. Sie erzählen vom Leben geschlagener, geschundener und sehnsüchtiger Menschen, von der Hoffnung dieser Menschen und ihrem Glauben an Gott.

Sie entstanden in freier Improvisation und wurden mündlich überliefert.


Eine typische Entstehungsgeschichte von einem unbekannten Schwarzen:

'Ich will Ihnen sagen, wie das geht. Mein Massa ruft mich zu sich und sagt, dass meine Ration gekürzt wird, und ich kriege 100 Schläge mit der Lederpeitsche. Meine Freunde sehen das und haben Mitleid mit mir. Als sie an dem Abend zu unserem Treffen kommen, singen sie davon. Und manche guten Sänger sind dabei, die können das. Und sie bringen das rein, verstehen Sie, bringen das einfach rein, bis es richtig ist. Und dann singen die anderen mit, als wenn sie den Song schon lange kannten, aber sie haben ihn nie vorher gehört. So geht das.'

"Gospel" kommt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt auf deutsch "Evangelium" oder "Gute Nachricht". Hergeleitet wird dieser Begriff vom altenglischen "Godspell" ("god" = "gut" und "spell" = "Nachricht" od. "Erzählung").

Gospel oder Gospelmusik bezeichnet nordamerikanische christliche Musik des 20. und 21. Jahrhunderts. Im engeren Sinn wird unter "Gospel" die Kirchenmusik afroamerikanischer Gemeinden verstanden, in die Jazz und Blues integriert sind. Im weiteren Sinn wird der Begriff auch für religiöse Musik der Südstaaten der USA bis hin zur christlichen Popmusik im Allgemeinen verwendet.

In einem gedruckten Werk wurde der Ausdruck 'Gospelsong' erstmals vermutlich 1874 von Philipp P. Bliss verwendet und zwar für eine Sammlung seiner Kompositionen für das gemeinschaftliche Singen bei religiösen Versammlungen: 'Gospel Songs, A Choice Collection Of Hymns And Tunes'

Der Begriff 'Gospelsong' wurde und wird in mehreren Zusammenhängen verwendet. Zuerst stand er für Lieder, die in den Kirchen der weißen Bevölkerung Amerikas gesungen wurden neben Begriffen wie 'Hymns, Psalms, Chants, Chorals' und anderen.

Geprägt wurde der Begriff jedoch als Bezeichnung der religiösen Lieder der afroamerikanischen Kirchen in Nordamerika, Anfang er 30er Jahre des 20. Jahrhunderts. Diese Lieder waren eine Weiterführung der ,,Negro Spirituals'' unter starker Einbeziehung von Jazz- und Blueselementen.

Diese Art von Gospelmusik, auch mit 'black gospel' oder 'negro gospel' bezeichnet, war meistens der Gemeindegesang oder wurde solistisch vorgetragen, in kleinen Gesangsgruppen oder von Chören gesungen und oftmals von einer Jazzband mit Schlagzeug, Bass, Klavier und Orgel begleitet.

1.1. White Gospel

"White Gospels" haben ihre Wurzeln nicht direkt in der afrikanischen Tradition, sondern erstanden infolge von Evangelisationkampagnen in England und in Städten im Norden der USA. Es handelt sich dabei um traditionelle protestantische Psalmengesänge. In diesem Zusammenhang wurden mehrere Bände von "Gospel Hymns" - Liederheften der Erweckungsbewegung - herausgegeben. Diese enthalten bekannte kirchliche Hymnen, Camp Meeting Spirituals, Sonntagsschullieder und andere Kompositionen aus den Nordstaaten.

1.2. Black Gospel

Die Jazzforschung interpretiert die Black Gospelmusik überwiegend als eine in den dreißiger Jahren, vor allem in den Städten entstandene, bluesbezogene und jazzige Weiterführung des "Negrospirituals", die als "negro gospel" bezeichnet wird. Parallel dazu entstanden der Blues und der Jazz.

1.3. African Gospel


Im Gegensatz zu Spirituals, White- oder Black-Gospels, gehen die Wurzeln des African Gospel auf das Jahr 1600 zurück, als Missionare Lieder und Hymnen aus den Kirchen ihrer europäischen Heimatländer nach Afrika mitbrachten. Diese Lieder wurden in afrikanische Sprachen übersetzt und in einem afrikanischen Stil von afrikanischen Chören gesungen.

Neue Kunstbegriffe, wie "Black African Gospel" sind Synonyme für Black Gospel, die die afrikanischen Wurzeln besonders hervorheben sollen.

Durch die weltweite Verbreitung von Gospelchören vermischt sich allerdings das Repertoire aus allen Gospelmusikarten und wird ergänzt durch Kirchenlieder aus der ganzen Welt.

"Modern Gospel" ist ein Begriff, der allgemein für heutige religiöse Musik benutzt wird und ist daher nicht auf einen bestimmten Stil festgelegt. Er besteht aus Mischungen kirchlicher (Spirituals, Hymnen,) wie auch weltlicher Musik (Blues, Jazz,..).

2) Unterschiede zwischen Spirituals & Gospels

Unterscheidung

"Negro" Spirituals

Gospel Songs

Entstehungszeit

18./19. Jhd.

20. Jhd.

Musik

echte Gruppenschöpfungen; chorisch geprägt; basierend auf englisch -amerikanischen Hymnen und europäisch-afrikanischer Volksmusik; sind eine Wurzel des Jazz

solistisch geprägt; beeinflusst durch Jazz und Blues; danach zu Wurzeln von neuen Musikstilen, wie Rock, Soul und Rap geworden

Texte

vor allem alttestamentlich-endzeitliche biblische Inhalte; zeitgeschichtliche Formung (Sklaverei; Identifikation mit der Versklavung der Juden, Hoffen auf das Kommen Jesu)

vor allem neutestamentlich-erweckliche biblische Frömmigkeit (geprägt durch den Leidensweg Jesu Christi und seine Botschaft); enthusiastische Formung

Dynamik

Streben nach "Freiheit", Hoffnung, "Vorwärtsdenken" steht im Vordergrund; Spirituals sollen antreiben und Mut machen

Die Ausdeutung und Vervollkommnung des Glaubens steht im Vordergrund; durch den Einbezug von Jazz-Elementen sind Gospels rhythmisch intensiver, zupackender und vitaler als Spirituals

Verfasser

unbekannt

Dichter/Komponist bekannt

Gemeinsamkeiten

Europäisch: melodische Grundlage

Afrikanisch: Ruf - Antwort Schema (call - response) und Rhythmische Elemente

3)Geschichte und Entwicklung

3.1. Wie alles begann


Die Geschichte der Gospels ist stark mit der Geschichte der Afroamerikaner gekoppelt.


Bereits wenige Jahre nach der Entdeckung Amerikas (1492) brachten portugiesische und spanische Eroberer die ersten Sklaven aus afrikanischen Kolonien nach Amerika.

Das erste Schiff mit 20 afrikanischen Sklaven erreichte 1619 Nordamerika. Seitdem wurden unzählige Afrikaner verschleppt und mit Waffengewalt zum Sklavendienst gezwungen. Es gab nichts, was sie mitnehmen durften und konnten, mit Ausnahme eines wesentlichen Teils ihrer Kultur, nämlich der Musikalität.

Die afrikanischen Sklaven konnten sich zum Teil nicht einmal untereinander verständigen, da sie bewusst so aufgetrennt wurden, dass sie aus unterschiedlichen Stämmen mit unterschiedlichen Sprachen kamen.

Es gibt viele Berichte, in denen davon erzählt wurde, dass die 'negars' auf den Schiffen Lieder sangen: traurige, sehnsuchtsvolle Lieder aber auch mutmachende Melodien. Die Sklaven wurden hauptsächlich als Arbeitskräfte auf Plantagen eingesetzt, wo sie unter härtesten Bedingungen und unter Waffengewalt arbeiten mussten.

Die Anzahl der Afrikaner, die nach Amerika gebracht wurden, kann nur geschätzt werden. Vor der Zeit des Bürgerkrieges 1861 waren rund 10 bis 15 Millionen schwarzen Sklaven auf dem gesamten amerikanischen Kontinent.

Das emotionale Singen und das Tanzen der Sklaven bei der Arbeit und bei Versammlungen war wie in afrikanischen Riten ein lebensnotwendiger Ausdruck ihrer Identität.

Ein wesentliches Merkmal dieses Gesanges war der 'Shout', ein expressiver, gewissermaßen geschrieener Gesangsstil. Auch als 'Ring-Shout' bekannt standen die Sklaven dabei im Kreis, tanzten, klatschten und scharrten mit den Füßen ('Shuffle') zu einer rhythmischen Melodie, die im Wesentlichen nur aus einem einzigen Hauptton (Rezitationston) und einigen Nebentönen bestand.

Ein weiteres Merkmal war auch das Steigern des Gesanges in immer höher werdende Tonlagen. Bei Männern war das Singen im Falsett in der afrikanischen Tradition ein Zeichen von höchster Potenz.


3.2. "Worksongs" (Arbeitslieder)


Das Singen fand auch während der Arbeit statt. In den 'Worksongs', 'Calls' oder 'Cries' ging es vor allem um das gleichmäßige Ausführen bestimmter Bewegungsabläufe der Arbeitenden und das Erleichtern von physischer Arbeit durch emotionale 'Arbeit', nämlich durch das Singen.

Auch das Herbeirufen der Arbeiter zum Essen oder das lautstarke Anbieten der Ware auf dem Markt geschah in dieser halb gesprochenen, halb gesungenen Form.

In den so genannten "Worksongs" gab ein Vorsänger den Rhythmus und die Melodie an, die dann von allen anderen aufgenommen wurde.

Für die afrikanischen Sklaven bedeutete dieses Singen das "Herbeirufen" der Kraft, mit der die eigentliche Arbeit geleistet werden kann.

Diese Gesänge hatten je nach Tätigkeit verschiedene Namen wie u.a. 'Field hollers', 'Road songs', 'Picking songs' oder 'Street cries'.

Es gab noch andere musikalische Formen unter den afroamerikanischen Sklaven wie 'Folk Songs', 'Prisoners Songs' oder 'Ballads', aus denen sich der 'Blues' entwickelte.

Ursprünglich war der Blues ein improvisierter Stegreifgesang, der solistisch ohne Harmoniewechsel gesungen wurde. Textlich ging es im Blues oftmals um das Beklagen und Beschreiben der schlechten Lebenssituation.

All diese Musikformen haben eines gemeinsam: Die aus der afrikanischen Polymetrik (verschiedene Rhythmen zusammen"gemischt") stammende starke Rhythmik und die Betonung der 'off-beats' (Schläge, die zwischen den Grundpulsen liegen und den Gesang vorantreiben).

Ein weiteres wesentliches Merkmal ist auch die Erregung, die durch die Gesangsweise hervorgerufen wird und nicht selten zur Ekstase der Singenden führt.

3.3. Christianisierung der Sklaven


Zunächst hatten die Sklavenhalter noch Skrupel, die Sklaven zu missionieren, da sie keine Christen als Sklaven halten wollten. 1667 wurde daher ein Gesetz erlassen, das festlegte, dass der Übertritt eines Sklaven zum Christentum an seiner sozialen Stellung nichts änderte.

1701 wurde in England eine Organisation gegründet mit dem Namen: "Society for the propagation of the Gospel in foreign parts". Beauftragte dieser Organisation begannen mit der Missionierung der Bewohner in nordamerikanischen Kolonien in Afrika, was dazu führte, dass Schwarze, die als Sklaven nach Amerika verschleppt wurden, oftmals bereits christianisiert waren.

1750 wurde die Missionsarbeit auch in Nordamerika verstärkt. Die Sklavenhalter wollten die afrikanischen Sklaven nach ihrem weißen Ideal "zivilisieren", was nur gelang, wenn die Sklaven u.a. zum christlichen Glauben bekehrt wurden.

Die Integration der schwarzen Sklaven in die religiöse Praxis der Weißen ging dabei so weit, dass es zu dieser Zeit üblich war, dass Sklaven am Gottesdienst ihrer Herrschaften teilnahmen, wenngleich auch die Sitzgruppen nach Rassen getrennt blieben. Dabei ist es kaum vorstellbar, dass die Menschen von diesen Versammlungen auch nur im Mindesten berührt wurden.

Mit Hilfe der Bibel wollte man die Sklaven auch zur Unterwürfigkeit erziehen. Ende des 18. Jahrhunderts entstand eine so genannte "Erweckungsbewegung", in der Weiße wie Schwarze in großen Versammlungen bekehrt werden sollten.

Vor allem Methodisten und Baptisten waren maßgeblich an der Christianisierung beteiligt und veranstalteten Freiversammlungen ("Camp-Meetings"), die viele Menschen zum Glauben führten.

Camp Meetings sind überkonfessionelle Zusammenkünfte, bei denen Gottesdienste auf freiem Feld abgehalten wurden.

Warum die Sklaven die weiße Religion so schnell aufnahmen, obwohl sich dadurch nichts an ihrer Situation änderte, ist nicht eindeutig belegt. Die Betonung der Freiheit und der Gleichberechtigung aller Menschenrassen in der Bibel werden häufig als ein Grund angesehen. Ein Beleg dafür können die vielen Sklavenaufstände sein, die von schwarzen Predigern angeführt wurden. Viel stärker noch kommt die Hoffnung auf ein besseres Leben, das 'ewige Leben', in den Liedtexten der Gospelsongs zum Ausdruck, so dass gesagt werden kann, dass den Sklaven die christliche Botschaft ein Leben 'im Himmel' verhieß, das ihnen eine Hoffnung im unerträglichen Leben auf der Erde gab.

Außerdem identifizierten sich die Schwarzen sehr stark mit dem Volk Israel aus dem Alten Testament, das sich aus der Sklaverei in Agypten befreien ließ.

Auch die Leidensgeschichte Jesu gab ihnen Ansporn, die Ungerechtigkeit und die Demütigungen zu ertragen. Nicht mehr der zornige Gott der Calvinisten beherrscht die evangelischen Lieder, sondern die Mitteilung subjektiver Glaubenserfahrungen.

Weiters hatten die Sklaven nun endlich die Gelegenheit, sich in den Kirchen zu versammeln, Kritik an ihren Lebensumständen zu betreiben und sich im Gottesdienst weniger zurückhaltend zu geben.

Die Gottesdienste waren nämlich eine der wenigen Ausdrucksmöglichkeiten, ihre Anliegen zu formulieren. Diese versteckten sich hinter christlichen Metaphern. Die Texte der Lieder waren nämlich nicht nur Ausdruck des Glaubens, sondern handelten oft in zweideutiger Weise von der politischen und sozialen Situation der Sklaven. Dieser so genannte "double-talk" ermöglichte den Austausch von geheimen Fluchtbotschaften während des Singens bei der Arbeit. Darin wurde die Freiheit im Himmel gleichgesetzt mit politischer Freiheit. Diese Doppeldeutigkeit der Sprache ist bis heute typisch für afroamerikanische Musikstile.

3.4. Geheimes Kommunikationsmittel

Weiße Besitzer lebten häufig in der Furcht vor Aufständen.

Zwischen 1670 und 1865 gab es 130 bewaffnete Aufstände von Sklaven, die weitgehend blutig von den Weißen niedergeschlagen wurden. So muss man annehmen, dass Fluchtgedanken immer präsent waren.

Das Verlangen nach Freiheit und Kritik an der Sklaverei konnte meist nur versteckt geäußert werden.

Gute Möglichkeit für jene versteckten Kritiken und Freiheitsgedanken war in den gemeinsamen Gesängen und besonders in den Spirituals, die in den Gottesdiensten gesungen wurden. Viele Sklavenaufstände wurden von schwarzen Predigern geführt.

1831 gab es nach einem großen Sklavenaufstand Bestrebungen der Weißen, diese Zusammenkünfte der Schwarzen zu den Gottesdiensten zu unterbinden, was aber nicht gelang, da die vorhandenen schwarzen Kirchen historisch bereits zu stark verwurzelt waren. Außerdem bekamen die Sklaven der Südstaaten Schützenhilfe von den Nordstaaten.

Die Suche nach Freiheit hier auf Erden fand aufgrund der Ausweglosigkeit ihren musikalischen Ausdruck in dem häufig vorkommenden Motiv der ewigen Erlösung im Himmelreich. Begebenheiten des alten Testaments bildeten die Grundlage für die meisten Spiritualtexte.

Besonders das Schicksal des Volkes Israel in der Sklaverei in Agypten bot viele Parallelen zur Situation der Sklaven in Amerika, was sich in einer Vielzahl von Spirituals widerspiegelt (Bsp.: "Go down Moses", "Wade in the water", "Deep River Jordan",.)

Von der Gewissheit und der Freude auf Erlösung künden folgende Zeilen aus traditionellen Spirituals:

"I want to be ready to walk in Jerusalem just like John": Gemeint ist das himmlische Jerusalem, von dem der Apostel Johannes im Buch der Offenbarung berichtete. Er gab damit Hoffnung auf Befreiung aus der Sklaverei.

"I`m gonna walk them golden stairs when I die,.`cause I know my Jesus answers all my prayers.": Ich werde die goldenen Stufen gehen wenn ich sterbe, denn ich weiß, Jesus beantwortet alle meine Gebete.

"Steal away, steal away home to Jesus, I ain`t got long to stay here.": In diesem Text wird sogar ganz deutlich von Flucht gesprochen

Viele Gottesdienste fanden nicht nur in den Camp Meetings statt, sondern auch fernab von den Ohren der Sklavenhalter an geheimen Plätzen auf Waldlichtungen, an Flüssen oder in Sklavenhütten, in denen nur leise gepredigt, gebetet und gesungen werden konnte und die deshalb Hush Harbors (Stiller Hafen) genannt wurden.

In einigen Spirituals vermutet man auch buchstäblich codierte Nachrichten zur Fluchthilfe. Es gab ein System von Geheimpfaden und Menschen, die als Fluchthelfer fungierten und die immer wieder Sklaven aus der Gefangenschaft im Süden der amerikanischen Staaten in die Freiheit in den Norden, wie in das freie Kanada, halfen. Dieses System wurde die "Underground Railroad" (UGRR) genannt und wurde ab 1838 von Gegnern der Sklaverei organisiert.

Der Fluchtplan enthielt neben den Fluchthelfern und geheimen Kommunikationsmitteln (z. B. verschiedenen Codes in Gesängen oder auf "Quilts"= selbstgenähten Steppdecken) auch Schutzhäuser. Der Weg aus dem Süden ins freie Kanada war weit und beschwerlich. Ein Flüchtling konnte verschiedene Wege gehen.


Um das WANN, WO und WIE mitteilen zu können, wurde eine religiös kodierte Sprache entwickelt.

So wurde das Gebiet ohne Sklaverei mit "my home", "sweet Canaan" oder "the Promised Land" umschrieben. Dieses Gebiet lag auf der nördlichen Seite des Ohio River, den man in der verschlüsselten Sprache als "Jordan" bezeichnete.

Die Flüchtlinge mussten durch das Wasser waten um die Hunde der Verfolger abzuschütteln, die somit die Spur der Flüchtlinge nicht mehr finden konnten (Bsp.: "Wade in the water").

Sie mussten nachts mit Lampen oder Mondlicht gehen, oder sie sprangen als blinder Passagier auf eine Kutsche (Bsp.:"Swing low, Sweet Chariot") In dem Gospel "Swing low, Sweet Chariot" kann "Chariot" u.a. für das Sternbild des Großen Wagen stehen, der sich im Frühling, der besten Zeit zur Flucht, kurz nach Sonnenuntergang an seinem tiefsten Punkt befindet und den Weg nach Norden weist.


Berühmt wurde z.B. auch Harriet Tubman, die mit 29 Jahren als Sklavin flüchtete. Ihr Codename war "Moses" und somit "Go down Moses" ihr Erkennungszeichen als spätere Fluchthelferin, die sie 1849 bei der UGRR wurde.


3.4.1. Biblischer Bezug der genannten Gospels:

"Go down, Moses": Geh, Moses, tief im Agyptenland, sag dem Pharao, Lass mein Volk in Freiheit ziehen.

"Wade in the Water": Durchwatet das Wasser, der Herr teilt für euch das Wasser

"Deep River Jordan": Tiefer Fluss Jordan, auf der anderen Seite des Wasser ist meine Heimat, wo alle in Freiheit leben.

"Ride on, King Jesus": Wenn du deinen Weg zu Gott finden willst, musst du auf der Straße (der guten Nachricht) gehen.geh genau diese bestimmte Straße..

Manche Spirituals waren auch ganz einfach ein Ruf nach Freiheit und Aufforderung zur Flucht ("Steal Away")

3.5. Die ersten "schwarzen" Kirchen


Auf den ersten Camp Meetings wurden Psalme und Choräle gesungen. Diese waren langsame und getragene Melodien, die vom Prediger vorgesungen und von der Menschenmenge nachgesungen wurden.

Die meisten Schwarzen waren von dieser emotionslosen Musik nicht angetan. Sie begeisterten sich eher für die Lieder von Charles Wesley, dem Begründer der Methodistischen Kirche. Hier wurden fließende und rhythmische Melodien gesungen. Die Sklaven brachten viel Leben in die ,,white hymns'', so dass sich eine Eigendynamik in den Liedern entwickelte.

Sie brachten Einflüsse ihrer Heimatkulturen mit in die Musik: ihrer Überlieferungen, ihren Mehrgottglauben und die religiöse Ekstase, aber auch musikalische Elemente wie die Polyrhythmik und die "Blue Notes" (Töne, die etwa ¼-Ton tiefer klingen als in unserem europäischen Tonsystem vorgesehen).

Es entwickelte sich eine eigene Musikkultur der schwarzen Christen. Musik, Tanz und Gesang, die untrennbar mit dem afrikanischen Alltag verbunden waren, wurden zu einem wichtigen Bestandteil der schwarzen Gottesdienste.

Trommeln und Tanz wurde jedoch bald verboten, weil sie als heidnisch galten und nicht verstanden wurden. Es wurde durch das bekannte Klatschen oder Stampfen ersetzt. So vermischten sich Elemente der afrikanischen Tradition der Religiosität mit dem liturgischen Element des christlichen Gottesdienstes.

Auf dieser Grundlage bildete sich vor allem auf dem Land im Süden Amerikas die eigenständige Musikgattung der"Negro Spirituals" (wörtlich: Geistliche Lieder der Neger) oder in den Anfängen "corn ditties" ("Mais-Liedchen", die ihren Namen von den am Feld abgehaltenen Camp-Meetings haben) genannt.

Wesentliches Merkmal ist das aus den "Shouts", dem Blues und den Psalmgesängen der Camp Meetings stammende "Ruf-Antwort-Schema".

Da die wenigsten Sklaven lesen konnten, wurden Liedtexte so eingeübt, dass ein Sänger eine Phrase vorsang, die alle anderen nachsangen. Das Schema fand sich auch, wenn ein Vorsänger Strophen zu einem Lied sang, in das alle anderen beim Kehrvers einstimmen konnten. Dieses Prinzip wird als 'Call and Response' bezeichnet.

Die Negro Spirituals wurden einstimmig gesungen. Die Schwarzen übernahmen zunächst die Lieder der (hauptsächlich protestantischen) "Weißen" aus Europa, wie z.B. Choräle. Erst später entwickelten sie eigene Variationen und textlich sowie melodisch stark veränderte Melodien und Texte, so dass neue Songs entstanden.

In den gottesdienstlichen Versammlungen gab des neben festgelegten Liedern auch Predigten, die, ähnlich wie die "Calls" und "Cries", halb gesungen, halb gesprochen wurden. Sie animierten die Gemeinde zur Teilnahme in Form von Zurufen und Klatschen. Nicht selten entstand ein neues Lied, das sich aus der Predigt entwickelte. Grundsätzlich war jeder Teilnehmer in das Gottesdienstgeschehen einbezogen. Selbst in den Gemeinden, wo es einen Chor gab, diente dieser nur zur Animation, oder er sang im Call & Response Prinzip mit der Gemeinde.

Gemeinsames Singen auf langen Tönen, das als 'moaning' bezeichnet wurde, war Berichten zufolge ohne jegliche musikalische Vorgabe, wurde rhythmisch frei ausgeführt und fing so unvermittelt an, wie es dann nach stundenlangem Zelebrieren auch wieder verebbte. Ganz allmählich entwickelten sich aus gemeinsamen Improvisationen feste Melodien.

Lieder entstanden spontan aus der Predigt heraus, indem die Gemeinde dem Prediger mit rhythmischen Zurufen antwortete und sich aus einem zentralen Satz der Predigt ein Wechselgesang formte und zu einem Lied wurde. Dabei zeichnete sich die Gesangsweise des Vorsängers durch starke Verzierungen aus.

Bei der Entstehung eines Spirituals gab es grundsätzlich 3 Möglichkeiten:

  1. durch Improvisation und Variation über einen schon existierenden Song
  2. durch Kombinieren von Material aus verschiedenen alten Songs zu einem neuen Song
  3. durch "Komposition" eines komplett neuen Liedes

Wie auch bei unseren mitteleuropäischen Volksliedern ist es somit nicht möglich, den Komponisten für ein bestimmtes Lied zu benennen. Vielmehr ist es wahrscheinlich, dass Musiker einen Song schufen, ein anderer Sänger den Song hörte und weitertrug, dabei seinen eigene Interpretation einbrachte und dadurch sind jene Versionen von Songs entstanden, die wir heute kennen. So entstanden also die einzigen originalen amerikanischen Volkslieder der Sklaven.


Erst 1773 wurde unter Federführung der Baptisten in Süd-Carolina die erste, reine "Negerkirche" gegründet und fortan wurde den Afroamerikanern dies weiterhin offiziell erlaubt. Die "Weißen" versprachen sich dadurch eine Trennung von den Sklaven, die bis dahin häufig zu ihren Gottesdiensten kamen. Diese Trennung unterstrich die Tatsache, dass das Vorhaben der Weißen, die Sklaven nach ihrem Vorbild zu "zivilisieren", misslungen war.


Zu diesem Zeitpunkt gab es schon eine eigene Musikkultur der schwarzen Christen. Um 1801 wurde erstmals ein Gesangbuch für schwarze Gemeinden veröffentlicht.

Die Verbreitung der Lieder fand bis dahin nur durch die mündliche Weitergabe statt. Diese Liedkultur aus Afrika, wo eine Notenschrift nicht bekannt war, wurde auch lange Zeit weiter gepflegt, da die meisten Sklaven nicht lesen konnten.

Dabei sind die Lieder immer wieder verändert worden, Melodien wurden abgewandelt, neue Strophen kamen hinzu, andere gerieten in Vergessenheit. Damit ist auch erklärbar, warum viele Spirituals Strophen mit anderen gemeinsam haben (z.B.: Der Vers "If you get there before I`ll do, tell my friends I`m coming too" kommt sowohl in "Swing Low, Sweet Chariot" als auch in "Walk in Jerusalem" vor.).


Die autonomen religiösen Versammlungen christlicher Schwarzer waren der einzige Bereich in ihrem Leben, in dem sie sich emotional wie politisch so frei wie nur möglich ausdrücken konnten.

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die mehrstimmige Form der Negro Spirituals. Aus der afrikanischen Mehrstimmigkeit, die sich auf parallele Linien zur Melodie beschränkte, wurde ein europäisch geprägtes funktionales Harmonieschema. Auch wurde vielen schwarzen Christen alte Kirchengebäude überlassen, von zu groß gewordenen weißen Gemeinden, die sich neue Kirchenhäuser bauten. Die afroamerikanischen Gemeinden erhielten mit den Gebäuden meistens Instrumente wie Harmonium oder Klavier dazu. Durch die Instrumente bekamen die Gesänge noch größeren Bezug zur europäischen Musizierweise.

In den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts entwickelte sich eine ideologische und wirtschaftliche Kluft zwischen den amerikanischen Nord- und Südstaaten, die jeden Lebensbereich umfasste. Die größte Streitfrage zwischen ihnen war die Sklaverei. Während die südlichen Agrarstaaten daran festhielten, war für die industriellen Nordstaaten die Abschaffung der Sklaverei aus wirtschaftlichen Gründen unvermeidlich. 1863 proklamierte Abraham Lincoln die Emanzipation der "Neger", was bedeutete, dass die Garantie der verfassungsmäßigen Menschenrechte der amerikanischen Staaten fortan auch auf "Neger" anzuwenden war.

Der Streit zwischen Nord- und Südstaaten mündete schließlich in den Sezessionskrieg von 1861-1865 und endete mit der Niederlage der Truppen der Südstaaten. Der Kongress erklärte 1865 die Sklaverei in allen amerikanischen Staaten für abgeschafft und etwa 4 Mio. Sklaven wurden frei.

Mit der politischen Emanzipation waren die Probleme der Schwarzen allerdings nicht gelöst. Viele ehemaligen Sklaven wurden arbeitslos. Abgesehen davon, dass sie vor dem Gesetz "frei" waren, blieben die ärmlichen Lebensbedingungen dieselben. Man ließ sie auf sich selbst gestellt, ohne Bildung und Perspektiven. Jeder Schwarze musste nun selbst sehen, wie er für sich und seine Familie sorgte. Außerdem verschlechterte sich die allgemeine wirtschaftliche Situation deutlich durch den Verlust der billigen Arbeitskräfte.

Die Mehrheit der Schwarzen wusste mit ihrer Freiheit nicht viel anzufangen und blieb im Süden, wo sie nun für wenig Geld auf den gleichen Plantagen wie schon zuvor arbeiteten und unter den selben Besitzern, die ihre über Jahrhunderte gefestigten Rassenvorurteile weiter offen bis in die 50er Jahre des 20. Jhd. und darüber hinaus auslebten.

3.6. Vom Spiritual zum Gospel

Aufgrund der Tatsache, dass die Menschenrechte der Sklaven mit Füßen getreten wurden und viele mit Auspeitschen oder Brandmarken bestraft wurden, versuchten viele Schwarze nach ihrer Befreiung die demütigende Situation in der Vergangenheit zu verdrängen. Die meisten schämten sich ihres Südstaatendialekts und blickten abschätzig auf die "Slave Music" herab, die stark an die harte Zeit in Sklaverei erinnerte. Die musikalische Tradition schwarzer Musik musste in Amerika für die Allgemeinheit regelrecht neu entdeckt werden:


Viele Hilfsorganisationen versuchten, den Freigelassenen eine Ausbildung zu ermöglichen und gründeten Schulen und Universitäten. Eine von ihnen war die "Fisk University" von Nashville in Tennessee. Ihr Gründer George White leitete einen kleinen Chor, in dem er mit den schwarzen Studenten Volkslieder und Negro Spirituals sang.

Die "Fisk Jubilee-Singers" ernteten zunächst mit ihrem klassischen Chorrepertoire  wenig Erfolg. So stellte man das Programm auf Spirituals aus der Sklavenzeit um und ernteten unerwartet großen Erfolg. Somit begann im Oktober 1871 die Tradition der konzertanten Aufführung von Negro Spirituals. Spirituals wurden also nicht mehr nur in Kirchen oder im Alltag gesungen, sondern eroberten nach und nach Konzerthallen und Theater.

In der Folge wurden mehrere kleine Gesangsgruppen im Stile der Fisk-Jubilee-Singers gegründet. Die Lieder fanden großen Angklang auch unter der weißen Bevölkerung.

Durch die zahlreichen Konzerttourneen und Erfolge der Fisk-Jubilee Singers konnte das Lehrerangebot der Universität finanziert werden.

Die Leiter der Gruppen, die die Chorarrangements schrieben, waren meistens Weiße. Das führte dazu, dass die Charakteristiken der Negro Spirituals in die Richtung der klassischen Musik verändert wurden.

In dieser Periode gab es viele Gesangsgruppen, die sich 'quartets' nannten, obwohl sie meistens aus bis zu acht Mitgliedern bestanden. Sie sangen vorwiegend Jubilee Songs, Hymns und traditionelle Spirituals. Beispiele dafür waren 'The Hummingbirds' oder 'The Harmonizing Four'.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts bildeten sich neue Kirchen in den USA, in denen die Traditionen der schwarzen "praise houses" mit in die Hände klatschen und mit den Füßen stampfen weiter geführt wurden.

Um 1900 entstanden neue sektenartige Religionsgemeinschaften aus einer Bewegung heraus, die den direkten Einfluss des Heiligen Geistes auf den Menschen betonte. Die so genannten 'sanctified churches' oder 'storefront churches' wie die 'Holy Church of God in Christ' oder die 'Pentacostals' veranstalteten Gottesdienste, in denen spontane, geistgegebene Ausdrucksformen im Vordergrund standen.

Emotionale Rufe, lautes ekstatisches Zungenreden, improvisiertes Singen und ähnliche Merkmale zogen viele Afroamerikaner an. Letztlich entsprach diese Art des Auslebens ihres Glaubens ihren afrikanischen Ursprüngen.

Unterdessen begann eine große Auswanderungswelle aus den ländlichen Gegenden der Südstaaten in die Großstädte besonders in den Norden, wo es Arbeit in den zahlreichen Fabriken gab. Die Konkurrenz zu den weißen Arbeitssuchenden entspannte die Beziehungen der beiden Bevölkerungsgruppen jedoch nur zögerlich.

Das hatte zur Folge, dass die Negro Spirituals auch in den Städten Einzug hielten und mit anderen Formen des Jazz vermischt wurden.

Die entscheidende Begegnung der schwarzen religiösen Musik mit dem Jazz ereignete sich um 1920. Die schwarzen Kirchen versuchten zunächst die Einflüsse des Jazz in ihrer Musik zu unterbinden. Sie waren sich der gemeinsamen Wurzeln von Negro Spirituals und anderen Jazzformen bewusst, jedoch wollte man sich inhaltlich distanzieren vom Jazz, der in Bordellen, Kneipen und Tanzschuppen gespielt wurde. Die Entwicklung war aber nicht aufzuhalten.

Komponisten und Textdichter begannen sich bereits am Anfang des 20. Jahrhunderts mit den Spirituals zu beschäftigen. Die bislang ohne schriftliche Fixierung überlieferten Songs wurden neu arrangiert. In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts entstand auch eine poetische und musikalische Bewegung der Schwarzen in Amerika, die als "Black Renaissance" bezeichnet wird.

Zum ersten Mal besannen sich die Afroamerikaner ihrer Geschichte, ihrer Werte und Traditionen im Gegensatz zu der vorhergehenden Verdrängung der Sklaverei. Die historischen Bezüge von Spirituals wurden stärker betont und die Art und Weise des Singens und der Interpretation verbessert.

Die fortwährende Verbesserung der Spirituals, der veränderte Sound und die Begegnung der schwarzen religiösen Musik mit Elementen des Jazz gebar einen neuen Typ von christlichen Songs: Inspiriert von der Bibel (im Mittelpunkt steht die Botschaft, die gute Nachricht von Jesus Christus und der Erlös aller Menschen durch ihn) und dem täglichen Leben wurden sie Gospelsongs genannt, in denen es keine wirkliche Identifikation mit der Sklaverei mehr gib wie in den Negro Spirituals.

Der Kern der christlichen Botschaft, sowie die bedingungslose Liebe Gottes, macht Gospel zu einer Musik, die Hoffnung ausdrückt.

Es werden der traditionelle (etwa seit 1870 bis in die 1950er Jahre entstanden) und der zeitgenössische oder "Contemporary" Gospelsong (seit den 1960ern bis heute) unterschieden.

Der Gospel entstand zur selben Zeit in der auch der Blues populär wurde. So könnte man sie auch als Reaktion auf die gleichen Umstände und Probleme der Menschen verstehen.

Viele musikalische Mittel haben beide Formen gemeinsam, die Rhythmisierung, die Phrasierung im Gesang, zum Teil auch die Harmonik. Grundsätzlich nähern sich beide musikalischen Formen verschiedener Probleme aber von verschiedenen Seiten: der Blues mit seiner weltlichen Sicht, der Gospel aus einem christlichen Weltbild heraus. Dabei musste dieser Unterschied keine unüberwindbare Trennungslinie sein. Viele der bekanntesten Gospelmusiker begannen ihrer Karriere mit Bluesinterpretationen und umgekehrt.

Gerade die musikalische Nähe zum Blues machte es der Gospelmusik aber am Anfang sehr schwer, in den konservativen Kirchen Einzug zu finden. Sie wurde von hohen kirchlichen Würdenträgern anfangs sogar als "Musik des Teufels" bezeichnet. Schließlich konnten sich solche Meinungen aber nicht gegenüber der Kraft, die diese Art von Musik auf die Christen ausstrahlte, durchsetzen. Und so fühlen sich heute unüberschaubar viele Menschen von Gospels angesprochen, und nicht nur in afroamerikanischen Kirchengemeinden.

Gospel-Musik ist eine Form der christlichen Musik, die mit einer reichen und abwechslungsreichen Geschichte durch ihre intensive spirituelle Qualität bis heute eine stetig wachsende Anziehungskraft auf Musiker, Sänger und Zuhörer ausübt.

Während die Spirituals meist unbegleitet, a capella, erklangen, wurden die Gospelsongs durch Instrumente unterstützt. Anfangs nur mit Klavier und Tambouren, in den 1950er Jahren mit Hammondorgel, elektrischen Gitarren und Drums

Anders als bei den Spirituals kennt man die Komponisten der Gospels sehr wohl.

Reverent Thomas A. Dorsey (1899-1993) war der erste und bekannteste Komponist solcher Gospels und gilt als Vater der Gospelmusik. Der Prediger, Texter und Komponist hatte sich als Bluespianist, bekannt als "Georgia Tom", bereits einen Namen gemacht und war in seiner Kirche in Chicago der musikalische Leiter. Mit seinen reichlichen musikalischen Erfahrungen als Bluespianist komponierte er vitale, swingende, jazzige Kirchenlieder, trug sie mit Chor und Jazzband vor und verbreitete sie in Noten, was bei den traditionellen Spirituals nicht möglich gewesen wäre, da sie überwiegend mündlich überliefert wurden. Er leistete also einen entscheidenden Beitrag zur Verbreitung des Negro Spirituals. Thomas A. Dorsey komponierte im Laufe seines Lebens mehr als 1000 Gospeltitel, wie z.B. "There`ll be Peace in the Valley" oder "Take my Hand, Precious Lord", die u.a. durch Interpretationen verschiedener Künstler wie Elvis Presley weltberühmt wurden.

Durch Thomas Dorseys gewaltigen Erfolg, leistete er den entscheidenden Beitrag, dass viele Gemeinden den Stil seiner bluesigen Kirchenmusik übernahmen. Durch sein intensives Engagement, u.a. auch durch die von ihm gegründete "National Convention of Gospel Choirs and Chousses", in der er vielen jungen Sängern und Musikern, wie auch die "Gospelqueen" Mahalia Jackson" eine Ausbildung ermöglichte, schaffte es die Gospelmusik bis in die konservative Kirche. Damals entstanden Lieder, die bis heute zum "Standardrepertoir" eines Gospelsängers gehören.

3.7. Kommerzialisierung und das "Golden Age of Gospel"


Es gab im Amerika der 30er Jahre eine Unmenge von Gospelsängern und Gospelgruppen.

Begleitet durch die vermehrte Kommerzialisierung der Gospelmusik durch das Aufkommen mehrer Schallplattenfirmen nach dem 2. Weltkrieg, brach das "Golden Age of Gospel" ("Goldene Gospelzeitalter") an.

Viele kleinere Plattenfirmen produzierten immer neue Platten und die lokalen schwarzen Radiostationen spielten immer mehr Gospel-Titel.

Der erste große Chartdurchbruch für einen Gospelsong waren die 2 Millionen verkauften Singles "Oh Happy Day" von den Edwin Hawkins Singers 1969.

Die durch das "goldene Gospelzeitalter" zahlreichen hervorkommenden Quartett-Gruppen, die diesen noch sehr neuen Stil übernahmen, ließen sich von immer mehr Instrumenten begleiten und hatten z.T. herausragende Leadsänger, wie z.B. Sam Cooke, die das Publikum regelrecht in Trance sangen. Diese Gruppen waren sehr beliebt und erfolgreich. Das bekannteste Quartet, dass später auch die Musik nach Europa brachte war das "Golden Gate Quartett" (mit Mahalia Jackson). Ihre Konzerte waren der Motor zur Verbreitung der Gospelmusik.

Mahalia Jackson wurde, nachdem sie sich mit Thomas A. Dorsey zusammentat, zur Repräsentantin seiner Gospelsongs und wegen ihrer kräftigen, bluesigen Stimme und ihrem feurigen Temperament schnell bekannt. Sie feierte große Erfolge ab 1946. 1947 landete sie mit "Move On A Little Higher" in Zusammenarbeit mit Thomas A. Dorsey als Komponist, bereits einen Kassenhit und trieb damit die Verbreitung der Gospelmusik voran. Weitere bekannte Songs: "In the Upper Room" oder das Weihnachtslied "Silent Night, Holy Night"

Mit der Gospelmusik verband sich weiterhin politisches Gedankengut, denn die schwarzen Gottesdienste blieben auch in den 50er Jahren ein Ort, in dem sich die Afroamerikaner so frei wie nirgends sonst ausdrücken konnten. Für den Austausch politischer Gedanken und Diskussionen war die Kirche der wichtigste Versammlungsort. Bürgerrechtsbewegungen gründeten sich häufig innerhalb der afroamerikanischen Kirchen, wie die größte Friedensbewegung ab 1955 unter dem Pastor Martin Luther King.

Mahalia Jackson war es auch, die vor Dr. Martin Luther Kings weltberühmter Rede 'I have a Dream' seinen Lieblingssong 'Take my Hand, Precious Lord' vor Hunderttausenden Zuhörern am 28. August 1963 beim Marsch auf Washington sang.


Seit der Zeit der Bürgerrechts- und Friedensbewegung in den 1960er Jahren erfüllten Gospelsongs immer mehr die Funktion, die Einigkeit und Entschlossenheit der Protestierenden gegen Krieg und Unrecht in der Welt zu artikulieren und widerspiegeln die Sehnsucht und Hoffnung auf ein vorurteilloses Leben in der Gesellschaft.


Beispiel: 'We shall Overcome' - Wir werden es eines Tages geschafft haben. Ein Song, der geradezu zur Hymne der Friedensbewegung in den USA und weltweit wurde.


3.8. Situation HEUTE


Heutzutage gibt es die verschiedensten Formen afroamerikanischer Kirchenmusik. Je nach Geschichte und geographischer Lage reicht das Spektrum von Gemeinden, die die Tradition der Negro Spirituals pflegen bis zu Kirchen, die die europäische Musik ganz übernommen haben.

Je nach Region entwickelten sich andere Formen von Gospelmusik in der Synthese mit anderen Musikstilen, beispielsweise der Country- und Dixieland-Musik oder in neuester Zeit mit Rap und Hip-Hop-Elementen.

Es gibt Gospels auf Schallplatten und sogar Radiostationen, die ausschließlich Gospels senden. Der amerikanische Markt für Gospels ist in etwa vergleichbar mit dem Markt für Pop oder Country Music und viel größer als der für Blues oder Jazz.

Das Interesse an Gospelmusik steigt auf der ganzen Welt stetig. Auch in der Kirchenmusik Europas ist die Gospelmusik durch Gospelchöre in einzelnen Gemeinden wichtiger Teil des Gemeindelebens geworden.

Gospelproduktionen mit ganzen Orchestern und Computer-Studio-Technik werden immer aufwendiger.

Der "Gospel" ist in allen möglichen populären Musikstilen zu Hause; wie im Jazz, Blues, Soul, Funk, Hip-Hop, Reggae, Rock, usw. Die heutige Pop-Musik wäre ohne die Einflüsse afroamerikanischer Musik (und damit auch der Spirituals und früheren Formen der Gospelmusik) undenkbar. Insbesondere aber im Gospel sind die afrikanischen Einflüsse besonders stark geblieben, wie das "Call & Response Prinzip", synkopierte Phrasen und häufige Wiederholungen.

Viele Rock- Pop- oder Hip Hop Hits aus Radio und Fernsehen borgen sich Elemente aus der Gospelmusik aus oder sind gar moderne Interpretationen langbekannter Gospelsongs.

Viele bekannte Sängerinnen, wie Whitney Houston oder Mariah Carey veröffentlichen regelmäßig Gospelalben. Auch ist der Gesangsstil von Ray Charles oder Aretha Franklin sehr vom Gospelsound der 1950er Jahre geprägt.

In Europa ging die Verbreitung der Gospelmusik von Skandinavien aus, wo der "Oslo Gospel Choir" weltberühmt wurde und u.a. durch Fernsehauftritte und Konzerttourneen die Gospelmusik auch in den deutschsprachigen Raum bekannt und beliebt machte.

Kinofilme wie "Sister Act" oder "Preacher`s Wife" trugen auch sehr zur Popularität der Gospelmusik bei.

4) Stilmarkmale der Gospelmusik

Obwohl die Gospelmusik je nach Kirchengemeinde verschiedene Merkmale oder Besonderheiten aufweist, gibt es jedoch auch Elemente, die stilbildend sind und für die diese Musikrichtung bekannt wurde.

Gemeinsam haben nahezu alle Gospels, dass sie Gesangstücke sind, aus jüngerer Zeit gibt es allerdings auch einige rein instrumentale Aufnahmen.

Diese verbalen Botschaften werden diese solistisch und/oder chorisch vorgetragen.

Die wesentlichen Merkmale des Gesangs sind lautes, emotionales und mit vielen Verzierungen angereichertes Singen in einer ungeheuren Expressivität.

Allgemein ist Gospelmusik als positiv, optimistisch und fröhlich zu bezeichnen. Die Texte in den Liedern handeln vom Loben, Danken und von der Hoffnung, die aus dem Glauben an Gott entspringt.

Musikalisch passend dazu sind schnelle wie langsame Stücke in ihren Grundzügen fröhlicher Natur. Die Fröhlichkeit ist aber keineswegs oberflächlich zu nennen, sondern entstammt einer großen Leidensgeschichte von der Sklavenzeit an bis heute. Das Positive der Gospels widerspiegelt somit eine tiefe innere Erfüllung der Singenden mit Freude und Hoffnung. Den meisten schwarzen Gospelchören wird aus diesem Grund eine große Authentizität bezüglich der Liedinhalte mit ihrer emotionsgeladenen Performance nachgesagt.

Das kommunikative "Call & Response Prinzip" der Negro Spirituals, sowie das Entwickeln von Liedern aus den Predigten blieben in den Gospelsongs enthalten. Fast immer findet sich in den Liedern das Prinzip der Wechselgesänge, z.B. Pastor mit Gemeinde, Solist mit Chor, Band mit Sängern.

In den Gottesdiensten der 30er Jahre wurde auch nach dem Muster der so genannten "Ring-Shouts" getanzt. Die ekstatischen Phasen im Gottesdienst wurden unter dem treibenden Rhythmus der Instrumente stärker und länger. Zu der Begleitung von Klavier, Orgel, Schlagzeug und Bass kamen auch häufig Gitarre, Blasinstrumente und vor allem der Schellenkranz hinzu. Der Schellenkranz verstärkte den Grundpuls, der sich zum off-beat auf den Zählzeiten 2 und 4 reduziert hatte und das treibende Element in der Musik verstärkte. Stilbildend wurde auch das gemeinsame off-beat-Klatschen der ganzen Gemeinde bei schnellen Stücken.

Die afrikanische Melodik war in den originalen Ring-Shouts, Worksongs und Negro Spirituals noch weitgehend erhalten. Diese Modi lassen sich mit unserem europäischen Tonsystem nicht erfassen, da die Intonation davon abweicht. Im Verlauf der Vermischung der Musikkulturen wuchsen daraus Pentatoniken und die "blue notes".

Die Pentatonik ist eine halbtonlose 5-Ton-Skala, die weder Dur noch Moll kennt und nahezu in allen Kulturen der Welt anzutreffen ist. Auf C beginnend würden die Töne CDEGA heißen. Man kann diese Skala mit jedem Ton beginnen.

Bei den Blue Notes handelt es sich um die "blue third", "flatted fifth" und die "blue seventh". Das sind Tonleitertöne, die etwa einen Viertelton tiefer liegen, als es das europäische Tonsystem vorsieht. Am häufigsten tritt die "blue third" auf, die in der deutschen Sprache als Blues-Terz bezeichnet wird. In C-Dur hieße das: Das e ist etwas tiefer als die reine Intonation es vorsehen würde.

Aber auch jeder andere Ton kann etwas "zu tief" oder durch ein Hineingleiten von unten "blue" (=traurig) klingen. Die Blue Notes werden meist zusätzlich zur "normalen" Tonleiter gebraucht und je nach Phrase eingesetzt.

im Blues und im Gospel von Sängern, Bläsern und Gitarristen benutzt. Pianisten, die die Intonation des Klavieres nicht verändern können, bedienen sich so genannter Cluster oder Vorschläge. Durch das gleichzeitige Spielen von reinen Tönen und einer kleinen Sekunde darunter entsteht ein ähnlicher "blue" oder "dirty" Klang. Diese Vorschläge werden in Anlehnung an die Pianisten auch häufig von Bläsern gespielt.

Im Gegensatz zu europäischen Kadenzen bildete meistens nur ein tonales Zentrum im Sinne einer Tonika (1. Stufe) die harmonische Grundlage von alten "schwarzen" Gesängen. Später gab es den Wechsel mit der Subdominante (4. Stufe) und gelegentlich erschien auch die Dominante (5. Stufe). Die frühen Bluesschemata bestanden hauptsächlich aus Tonika und Subdominante, bis sich um 1912 die heutige 12-taktige Form entwickelte, in der Tonika, Subdominante und Dominante ihren festgelegten Platz haben.

Aus dem Wechselspiel zwischen Tonika  und Subdominante entstanden im späteren Gospel sowie im Blues bestimmte Motive (Riffs), die Gitarristen und Pianisten aufgriffen. Diese Akkordwechsel werden als plagale Kadenz oder umgangssprachlich als "amen chords" bezeichnet.

Es gibt gegenüber dieser sehr ursprünglichen schwarzen Musik eine weitergeführte Art der Gospelmusik, die auf einem Harmonieschema aufgebaut ist, die als "close harmony" bezeichnet wird, sich aus dem traditionellen europäischen System herleitet und skalenartige Melodien über Harmonieschemata mit Zwischen-dominanten benutzt. Gospelgruppen in der Tradition der Fisk Jubilee Singers benutzen diese Art von Harmonik, wie z.B. das Golden Gate Quartet.

In die Gospelsongs der 30er Jahre wurde die Jazzharmonik (d.h. die Harmonik des Blues und des Swings) einbezogen. Durseptakkorde nicht nur in der Dominante, Turnarounds, Optionstöne in Akkorden und die Jazzmelodik wurde in die traditionelle Musik eingewebt.

Die Harmonik und Melodik ist in der Gospelmusik vom Blues kaum zu unterscheiden. Die Musikforscher sind sich einig, dass Gospelsongs im Grunde den Blues mit religiösen Texten darstellen oder umgekehrt der Blues, die weltliche Form der Gospelmusik ist.

Die spontanen Zurufe der Gemeinde wurden in der Gottesdienstpraxis durch Kommentare der Band verstärkt. Die Band unterlegte auch die gesprochene Predigt häufig mit leisen Harmonien, ostinaten Linien ohne Harmoniewechsels oder spielte die 16-taktige Grundform.

Langsame Gospelstücke findet man meistens mit triolischen Unterteilungen der Viertel, sowie im 3/4 bzw. im 6/8- Takt, wie in der bekanntesten Komposition von Thomas A. Dorsey, "Precious Lord, Take My Hands". Dreiertakte sind fließender als binäre Takte und wirken so nicht statisch in langsamen Tempi,  und so können sich Gemeindemitglieder dazu im Takt wiegen oder tanzen.

Der Schluss eines Liedes ist als "Gospel-Ending" bekannt und wird mit Subdominante und Tonika durchgeführt(im Gegensatz zur Dominante als Leitakkord zur Grundtonart). Meistens singt auch der Vorsänger auf ausgehaltenen Akkorden eine improvisierte Kadenz.

5) Bekannte Gospelsongs, Gospelsänger & Gospelchöre

Songs: Amazing Grace (John Newton), Oh Happy Day (Edwin Hawkins), Precious Lord, take my hand (Thomas A. Dorsey),.

Sänger: Solomon Burke (geb. 1940), Fisk Jubilee Quartet, Aretha Franklin (1942), Mahalia Jackson (1911), Edwin Hawkins,.

Chöre: Oslo Gospel Choir (Norwegen), Joyful Gospel (Deutschland),
Joybells (Schweden),
Golden Gate Quartet (1941),

Gliederung



1) Begriffe

1.1. White Gospel
1.2. Black Gospel
1.3. African Gospel

2.) Unterschiede zwischen Spirituals & Gospels

3.) Geschichte und Entwicklung

3.1. Wie alles begann
3.2
"Worksongs" (Arbeitslieder)
3.3. Christianisierung der Sklaven
3.4. Geheimes Kommunikationsmittel
3.4.1. Biblischer Bezug der genannten Gospels
3.5. Die ersten "schwarzen" Kirchen
3.6. Vom Spiritual zum Gospel
3.7. Kommerzialisierung und das "Golden Age of Gospel"
3.8. Situation HEUTE

4) Stilmerkmale der Gospelmusik

5) Bekannte Gospelsongs, Gospelsänger & Gospelchöre






Quellenangaben

https://www.gospel-music.de/Gospel-Geschichte.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Gospel

https://www.jackson-singers.ch/de/gospel/gospel.html

https://www.gospelszene.de/artikel-61.html

https://www.gospelszene.de/artikel-60.html



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