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Referat Allgemeine Rahmenbedingungen für Jugendkultur

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Allgemeine Rahmenbedingungen für Jugendkultur

'Ich möchte Teil einer Jugendbewegung sein, ich möcht' mich auf euch verlassen können, quer mit euch durch die Straßen rennen.

Jede unserer Handbewegungen hat einen besonderen Sinn,

weil wir eine Bewegung sind '

('Ich möchte Teil einer Jugendbewegung sein , 'Tocotronic' auf 'Digital ist besser , Rough Trade 1 95)

Diese Liedzeilen zeigen: Jugendkultur ist den Jugendlichen 'heilig'. Doch was genau ist Jugendkultur? Manche sagen, darunter fallen alle Facetten jugendlichen Lebens - von der Berufswelt bis zum Sexualverhalten. Andere ergötzen sich an exotischen Lebensformen schriller junger Leute mit spektakulären Haartrachten, was von wiederum anderen mit dem Untergang des Abendlandes gleichgesetzt wird.

Für uns ist Jugendkultur mehr als die Summe dessen, was Jugendliche fühlen, denken - was sie toll finden, was sie gerne machen und warum - denn erst dies alles zusammenbetrachtet  ergibt ein ziemlich umfassendes Bild von Jugendkultur, das durch die Integration aller Teilaspekte schärfer wird.

Wertewandel in der Wanderwelt

Wer gehört zur Jugend? Es scheint, als ob es keine klaren Altersangaben gibt, die Klarheit darüber verschaffen, wer schon, und wer noch zur Jugend geh rt. Fest steht auf jeden Fall: die Jugend dauert immer länger. Sie beginnt eher, was Soziologen unter den Begriff 'Akzeleration' fassen:

Mit dieser Akzeleration ist die Beschleunigung der körperlichen und psychischen Reifung des Menschen gemeint. Die Menschen sind in den letzten 1 0 Jahren immer gr er und auch schneller geschlechtsreif geworden. Die psychischen Auswirkungen sind nicht minder erstaunlich: Die stark medialisierte Welt sorgt dafür, daß Kinder immer fher immer mehr wissen. Sie sind mit neuer Technik schneller vertraut und haben ein hohes Markenbewußtsein.

Andererseits hört die Jugend' immer später auf: Studenten z B. sind nicht selten bis zum 8. Lebensjahr an der Universit und haben oft auch nach dem Abschluß keine Ambitionen auf einen festen Job, Heirat und Kinder. Auch beim Übergang in die Welt der Erwachsenen lassen sich die Jugendlichen schwer fassen, die (Alters-) Grenzen verwischen, sie sind unscharf.

Die Ausweitung der Jugendzeit stärkt die Bedeutung der Jugendkultur, der sie sich jeweils zugehörig fühlen. Und: Es werden immer mehr, die sich in Sachen Jugendkultur engagieren (können). Etwa 7 Millionen Einwohner im Alter von 4 bis 29 Jahren hatte die Bundesrepublik 1 9 . Dazu kommt eine gestiegene Anzahl von Leuten, die durch Schule, Uni oder andere Arten von Ausbildung Zeit haben, weiterhin Jugendkultur zu produzieren und/oder zu konsumieren.

Eine gre Rolle spielt hierbei, daß der Stellenwert der Familie, ihre Bedeutung, stark abgenommen hat: Jugendkulturen sind heutzutage zum Familienersatz geworden:

Familie, Stamm und Nation sind Dinosaurier: unsympathisch und reaktionär, Jugendkulturen verhöhnen diese berkommenen Sozialisationsagenten und ersetzen sie durch gestylte Simulationen '

Unter dieser Entwicklung leiden auch Religion und Politik. Das entstandene 'Bin-dungsvakuum' wird neu gefüllt: Für die Jugendlichen werden Cliquen, Szenen und peer groups (Gruppe der Gleichaltrigen) immer wichtiger, hier treffen sie Leute, die sie verstehen, und die gleiche Interessen haben wie sie.

. Die Clique, Szene, peer group

Alle drei Begriffe haben annähernd die gleiche Bedeutung: Jugendliche gehen in Cliquen freiwillig gemeinsamen Interessen nach, sie haben hnliche Wertvorstellungen, erleben die gleichen Freizeitaktivitäten oder kaufen die gleichen Artikel. Wer einer solchen Szene angehört, versucht damit auch, die immer un bersichtlicher werdende Welt in ein homogenes Sinnsystem zu ordnen.

Persönliche Orientierungen des einzelnen werden innerhalb von Szenen ausgebildet. Der ständige Austausch mit der Umwelt lä t Unterschiede und Gegensätze erkennen - undhrt zur Wahrnehmung der eigenen individuellen und sozialen Existenz.

Erstaunlich ist, daß sich diese Szenen 'durch Außerlichkeiten konstituieren', gerade auch wenn man weiß, daß die soziale Bindung an die Familie stark an Einfl verloren hat. Kleidung dient dazu, Befindlichkeit auszudrücken und sich damit auch abzugrenzen. Die Darstellung einer gewissen Geisteshaltung orientiert sich an einem persönlichen Wertekatalog. Und ob man sich z.B.r Konsum oder Nicht-Konsum entscheidet, ein bißchen Ideologie ist stets dabei.

Daß man seine sozialen Kontakte nicht mehr nur im engeren Umkreis (Straße, Schule, Sportverein, Arbeitsplatz) sucht, liegt z.T. daran, daß durch die technische Entwicklung in der Welt den Jugendlichen neue Möglichkeiten offenstehen: Durch gesteigerte Mobilität ist der Aktionsradius grö er, Telekommunikation (plus Internet) lä t Jugendliche ber größere Distanzen Neuigkeiten austauschen. Informationen ber weiter entfernt liegende Veranstaltungen gelangen zu den erlebnishungrigen Jugendlichen. Entfernungen spielen keine große Rolle - eine Veranstaltung wird zudem dadurch aufgewertet, daß man sehr weit fahren mu .

. Die Jugend - ein Hehler im System

Jugendkultur ist berhaupt möglich, weil Jugendliche in nennenswertem Umfang Geld zur freien Verfügung haben.

Durch den Kauf von Schallplatten und Modeartikeln, durch Kinobesuche setzen sie Akzente in der

Konsumgesellschaft.

Das gleiche Phänomen läßt sich auch beim Rock'n Roll in den USA der 50er Jahre nachzeichnen, bis zur heutigen

Zeit hat sich diese Erscheinung in anderen Konsumgesellschaften der Industrienationen nicht verändert.

Das Konsumpotential der 1 - bis 1jährigen (in der Bundesrepublik) wird heute von Branchen-Insidern auf etwa

0 Milliarden Mark pro Jahr geschätzt.'

Durch diese Kaufkraft werden die Wünsche und Sehnsüchte von Jugendlichen auch von der Industrie erhört:

Jugendkultur ist nicht nur Außerung der Wertvorstellungen Jugendlicher, Jugendkultur ist auch immer eine gro e

Chance, neue, kurzlebige und berflüssige Produkte auf den Markt zu werfen.'

Sobald einenstlerisch aktive Avantgarde eine neue Erscheinungsform von Jugendkultur geschaffen hat, sind heutzutage die Trendscouts der Marketingfirmen nicht mehr fern, in der Hoffnung eine neue Marktlücke zu entdecken.

Einerseits ist das positiv, wenn durch die Gelder der Industrie kulturelle Veranstaltungen möglich werden. Jedoch setzt irgendwann der Kontrollmechanismus der Industrie ein: Ein regionaler Trend, der kommerziell ist, wird aufgegriffen, um ein neues Produkt zu schaffen. Dieses soll national abgesetzt werden, mit der Werbebotschaft, es sei jetzt 'total angesagt'. Wenn sich Jugendkultur nach diesem Mechanismus ausbreitet, kann man authentische und kommerziell produzierte Jugendkultur kaum noch klar voneinander trennen.

Dieses gilt insbesonderer die Jugendkultur Techno. Es ist somit interessant, sie zu untersuchen, weil sie die erste war, die ihrer kommerziellen Vermarktung nicht ablehnend gegenüber stand:

9 steckte Techno noch in den Kinderschuhen, es gab noch keinen Markt f r Technoartikel. 19 6 sind die Produkte der Technoindustrie zu Markenartikeln gewachsen, die in diesem Sektorr Umsätze in Millionenhöhe sorgen.

Aufgrund dieser Entwicklung muß sich Techno mit Ausverkaufsanschuldigungen auseinandersetzen. Diesen Schuh will sich die sch pferische Kraft der Technobewegung, der avantgardistische Underground nicht anziehen - und er macht den Versuch durch ständige Innovation den Trendscouts zu entkommen:

Das Unbehagen im Techno- . Underground, als Mainstream adaptiert zu werden, zwingt zu Erneuerungen innerhalb der Kulturen in bisher nie gekannter Schnelligkeit. Das Jahr hat nur noch 14 Tage.'

Die beiden gegensätzlichen Tendenzen Exklusivität und Ausverkauf zeigen deutlich, wieviel Reibungsfläche Techno besitzt: Eine Schwierigkeit bei der Analyse ist es, die Einflüsse von Subkultur- und Mainstreamelementen richtig einzuordnen.



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